Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Feststellung einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für einen manipulierten Unfall (hier: Anstoss mittels gemietetem Kleintransporter, für dessen Verwendung am Kollisionsort keine plausible Erklärung vorliegt, wobei nach Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen der Anstoss ungebremst oder nur leicht gebremst erfolgte; Opferfahrzeug der gehobenen Mittelklasse, relativ kurz vor dem Ereignis angeschafft und relativ kurz danach unrepariert verkauft; falsche Angaben des Schädigers zum Unfallhergang).

Ist das Opferfahrzeug in erheblichem Masse vorgeschädigt, ist dies ein aussagekräftiges Indiz für einen manipulierten Unfall, und zwar unabhängig davon, ob die Vorschäden dem Kläger tatsächlich bekannt waren (vgl. KG, Urt. v. 18.10.2004 - 22 U 80/04).

Die Behauptung, eine angebliche Reparatur, deren Einzelheiten nicht mitgeteilt werden, sei fachgerecht durchgeführt worden, kann nicht zulässigerweise in das Wissen eines Zeugen gestellt werden, auch wenn es sich um den Privatsachverständigen des Klägers handelt

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 79/05)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Berufungskläger erhält gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

1. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1. ausreichende Indizien für das Vorliegen eines manipulierten Unfalls vorgebracht hat, die in ihrer Gesamtheit den Schluss auf eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für ein unredliches Verhalten des Klägers und des Beklagten zu 2. zulassen.

Als Indizien für das Vorliegen eines manipulierten Geschehens sind insbesondere die Art und der Zustand der beteiligten Fahrzeuge, der Hergang des Verkehrsunfalls und das Verhalten der Beteiligten von Bedeutung. Wie der BGH, in seinem Grundsatzurteil vom 13.12.1977 - VI ZR 206/75 (vgl. BGHZ 53, 245 [256] = NJW 1970, 946) ausgeführt hat, liegt es gerade im Wesen der Unfallmanipulation, dass die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Schadensereignisses offen bleiben soll. Die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation dient also der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin, dass eine solche Manipulation vorliegt.

Eine ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen kann deshalb die Feststellung rechtfertigen, dass der Unfall verabredet gewesen ist. Entscheidend ist die Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände (OLG Köln, Urt. v. 13.2.1994 - 12 U 206/93 - r +s 1994, 212). Für die Überzeugungsbildung, dass ein Unfall vorsätzlich herbeigeführt worden ist, reicht es aus, wenn sich typischerweise bei gestellten Unfällen auftretende Merkmale in auffälliger Weise häufen. Ein lückenloser, mathematisch- naturwissenschaftlich zwingender Beweis ist nicht erforderlich. Dieser ist in den meisten Fällen schon deshalb nicht möglich, weil solche Unfälle darauf angelegt sind, echt zu wirken (OLG Köln, Urteil vom 5.6.1998 - 19 U 269/97 - VRS 95, 335).

Folgende Indizien sind in Fällen manipulierter Unfälle immer wieder anzutreffen und auch im vorliegenden Fall gegeben:

Das Fahrzeug des Klägers war in erheblichem Umfang vorgeschädigt (vgl. hierzu bspw. OLG Hamm, Urt. v. 30.5.2005 - 13 U 30/05 - ZfS 2005, 539; KG, Urteil vom 18.10.2004 - 22 U 80/04; Urteil vom 23.5. 2003 - 22 U 222/02; Urt. v. 14.6.2004 - 22 U 321/02; Urt. v. 12.1.2004 - 22 U 281/02; Senat, Urt. v. 2.7.1992 - 12 U 6592/91; vom 14.6.1993 - 12 U 2859/92; vom 21.4.1994 - 12 U 6733/92; vom 20.2.1995 - 12 U 451/94; vom 27.2.1995 - 12 U 3250/93; vom 13.7.1995 - 12 U 1692/94; vom 11.7.1996 - 12 U 3918/95 - und 22.9.1997 - 12 U 1683/96). Dabei stellt bereits die Tatsache an sich, dass es sich um ein Fahrzeug mit erheblichen, nicht sach- und fachgerecht reparierten Vorschäden handelt, ein Indiz dar, ohne, dass es vorliegend darauf ankäme, ob die Vorschäden in ihrem Umfang dem Kläger tatsächlich bekannt gewesen seien (vgl. hierzu KG, Urt. v. 18.10.2004 - 22 U 80/04).

Dafür, dass die unstreitig vorhandenen Vorschäden sach- und fachgerecht repariert wurden, ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet. Die Behauptung, eine angebliche Reparatur, deren Einzelheiten nicht mitgeteilt werden, sei fachgerecht durchgeführt worden, kann nicht zulässigerweise in das Wissen eines Zeugen gestellt werden, was auch dann gilt, wenn es sich um den Privatsachverständigen handelt (Senat, Bes...

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