Leitsatz (amtlich)

1. Die Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 2 S. 4 in der bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.6.1998 (BGBl. I, 1580) gilt auch für Nachlasspfleger.

2. Die Rechtsprechung des BGH zur Stundensatzhöhe von Betreuern bemittelter Betreuer (vgl. BGH, Beschl. v. 31.8.2000 - XII ZB 217/99, BGHZ 145, 104 = MDR 2001, 91 m. Anm. Engers) ist auf berufsmäßig tätige Nachlasspfleger bemittelter Nachlässe nicht uneingeschränkt zu übertragen. Die Stundensätze des § 1 BVormVG enthalten insoweit lediglich Mindestsätze, die nur bei einfacher Nachlassabwicklung zu gewähren sind (Anschluss an OLG Dresden, Beschl. v. 19.3.2002 - 7 W 1944/01, OLGReport Dresden 2002, 490 = NJW 2002, 3480).

3. Kann ein zum Nachlasspfleger bestellter Rechtsanwalt den überwiegenden Teil seiner Tätigkeit nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, während sich die darüber hinausgehende Nachlassabwicklung im Wesentlichen auf die Fertigung von Berichten an das Nachlassgericht beschränkt, liegt ein einfacher Fall vor. Durch die anwaltlichen Gebühren werden der gesamte Arbeits- und Zeitaufwand sowie die Schwierigkeiten der hierauf bezogenen Tätigkeit abgedeckt.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 2 a.F.; FGG §§ 56g, 75 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 87 T 95/03)

AG Berlin-Hohenschönhausen (Aktenzeichen 62/65/162-VI 1265/92)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Verfahrenswert wird auf 1.085,70 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die sofortige weitere Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das LG statthaft, §§ 75 S. 1, 56g Abs. 7 und 5 S. 2 FGG. Sie ist auch zulässig, insb. ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 29 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG.

II. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 56g Abs. 5 S. 2, 27 Abs. 1 FGG.

Gemäß §§ 75 S. 1, 56g Abs. 7 und Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FGG i.V.m. § 1962 BGB setzt das Nachlassgericht auf Antrag eine dem Nachlasspfleger zu bewilligende Vergütung fest. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass sich die Vergütung des Nachlasspflegers nach den in § 1836 BGB in der hier bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung des (Ersten) Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.6.1998 (BGBl. I, 1580) enthaltenen Regelungen über die Vergütung eines Vormunds richtet (KG, Beschl. v. 17.9.2002 - 1 W 7298/99).

1. Zu Recht hat das LG den Vergütungsantrag für den Zeitraum vom 8.11.1999 bis zum 17.10.2000 zurückgewiesen. Auch § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. findet auf die Vergütung des Nachlasspflegers Anwendung (KG, Beschl. v. 2.8.2005 - 1 W 433/03; v. 9.8.2005 - 1 W 434/03; v. 16.8.2005 - 1 W 461/03). Danach erlischt der Vergütungsanspruch, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim VormG geltend gemacht wird.

a) Die Auffassung des Beschwerdeführers, § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. sei auf Nachlasspfleger nicht anwendbar, weil der Gesetzgeber mit dem (Ersten) Betreuungsrechtsänderungsgesetz ausschließlich das Betreuungsrecht, insb. die dortigen Vergütungsfragen habe regeln wollen, findet in den Gesetzesmaterialien keine Bestätigung. Dagegen spricht die durch das damalige Reformgesetz unverändert gebliebene Gesetzessystematik. Der Gesetzgeber hat nach wie vor die maßgeblichen Regelungen über Aufwendungsersatz und Vergütung von Berufsbetreuern nicht im Betreuungsrecht, sondern im Vormundschaftsrecht getroffen, das über § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB sinngemäß anzuwenden ist. Hätte der Gesetzgeber ausschließlich das Betreuervergütungsrecht neu regeln wollen, dann wäre es nahe liegend gewesen, abschließende Sondervorschriften im Betreuungsrecht selbst zu treffen. Gerade dies hatte der Gesetzgeber aber nicht im Sinn. Ihm ging es vielmehr ausdrücklich darum, die Vergütung von Vormündern und Betreuern weiterhin einheitlich zu regeln (BT-Drucks. 13/7158, 14 li. Sp.). Dass der Gesetzgeber dabei die Auswirkungen auf das Pflegschaftsrecht übersehen hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Durch das (Erste) Betreuungsrechtsänderungsgesetz wurde § 56g FGG eingefügt, in dem die Verfahrensregelungen für vormundschaftsrechtliche Entscheidungen in Aufwendungsersatz-, Vergütungs- und Regressfragen getroffen werden. Nach § 56g Abs. 7 FGG sind diese Regelungen ausdrücklich auch auf Pflegschaften anzuwenden. Der Gesetzgeber verfolgte damit das Ziel, auch im Verfahrensrecht einen Gleichlauf zwischen Vormundschaft und Pflegschaft zu schaffen, weil sich materiell-rechtlich Aufwendungsersatz und Vergütung über § 1915 Abs. 1 BGB nach §§ 1835 ff. BGB richten (BT-Drucks. 13/7158, 36, li. Sp.). Das gilt insb. auch für die Nachlasspflegschaft, wie sich aus § 75 S. 1 FGG ergibt (BayObLG NJW-RR 2000, 1392 [1393]).

Auch Sinn und Zweck von § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. sprechen nicht gegen seine entsprechende Anwendung auf die Nachlasspflegschaft. Die Vorschrift ist vor allem im Interesse der Staatskasse geschaffen worden (BT-Drucks. 13/7158, 23, re. Sp.). Der Vormund soll zur zügigen Gelte...

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