Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 08.12.2011; Aktenzeichen 141 F 3343/11)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 8.12.2011 - 141 F 3343/11 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde teilweise abgeändert und der Tenor zu 3) wie folgt gefasst:

3. Im Wege der externe Teilung wird zu Lasten des für den Ehemann nach der S...Versorgungsordnung bestehenden Anrechts auf betriebliche Versorgung bei der Beteiligten zu 5) zugunsten der Ehefrau bei der V...ein Anrecht i.H.v. 5.561,68 EUR, bezogen auf den 28.2.2011, begründet. Die Beteiligte zu 5) wird verpflichtet, diesen Betrag zzgl. 5,14 % Zinsen seit dem 1.3.2011 an die V...zu zahlen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

3. Der Wert des Verfahrens über den Versorgungsausgleich wird - unter teilweiser Abänderung des Verfahrenswertbeschlusses des AG vom 8.12.2011 - für die I. und II. Instanz auf 5.918,48 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Entscheidung über die Verzinsung des nach dem Ausspruch zu 1) zu zahlenden Kapitalbetrages zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, geboren im Jahr 1954, und die Antragsgegnerin, geboren im Jahr 1961, haben am 6.9.1989 geheiratet. Sie leben seit dem 19.2.1998 getrennt. Die Fürsorge für die gemeinsamen, in den Jahren 1985, 1987 und 1988 geboren Kinder hat nach der Trennung die Antragsgegnerin allein übernommen; der Antragsteller leistet bis heute Kindesunterhalt. Der Antragsteller hat seine berufliche Tätigkeit ohne Einschränkungen durch die Erziehungszeiten ausgeübt. Die Antragsgegnerin hat mit der Geburt der Kinder ihr Studium abgebrochen und die Haushaltsführung sowie Kinderbetreuung übernommen. Seit September 2000 geht sie einer Erwerbstätigkeit nach und zahlt der Antragsteller an sie keinen Unterhalt mehr.

Der Scheidungsantrag des Antragsteller ist am 17.3.2011 zugestellt worden. Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss, auf den hinsichtlich der Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse im Übrigen Bezug genommen wird, die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich - nach Kapitalwerten i.H.v. 79.838,18 EUR zu Lasten des Antragstellers - durchgeführt. Gegen diesen, seinem Verfahrensbevollmächtigten am 12.12.2011 zugestellten Beschluss wendet der Antragsteller sich mit der am 10.1.2012 bei dem AG eingegangenen Beschwerde. Mit dieser macht er erstmals geltend, der Versorgungsausgleich dürfe nicht im vollen Umfang stattfinden, da die früheren Eheleute bereits seit längerer Zeit wirtschaftlich von einander unabhängig seien.

Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 17.7.2012 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, von der Durchführung einer mündlichen Anhörung abzusehen.

II. Die nach den §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat entscheidet ohne Durchführung einer erneuten mündlichen Anhörung, da diese bei dem AG stattgefunden hat und weitere Sachaufklärung davon nicht zu erwarten ist, §§ 68 Abs. 3 S. 2, 221 Abs. 1 FamFG.

1. Der Versorgungsausgleich ist nicht nach § 27 VersAusglG zu beschränken oder auszuschließen. Ein Ausnahmefall, in dem die ungekürzte Teilung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte unbillig wäre, liegt nicht vor.

Der Ausgleich der in die Ehezeit fallenden Anrechte i.S.d. § 2 Abs. 1, 2 VersAusglG ist unabhängig von den jeweiligen Ursachen, die zur Auflösung der Ehe geführt haben, und den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten prinzipiell durchzuführen. Die mit der Abgabe von Anwartschaften für die eine oder die andere Sache verbundenen Belastungen sind grundsätzlich systemimmanent und vom Gesetzgeber gewollt. Der in diesem Sinne schematische gesetzliche Ansatz kann allerdings in besonders gelagerten Einzelfällen zu unbilligen Ergebnissen führen, insbesondere dann, wenn der Versorgungsausgleich seinem Zweck - der Aufteilung der in der Ehe aufgrund einer gemeinsamen Lebensleistung erworbenen Anrechte - zuwiderlaufen und nicht zu einer angemessenen sozialen Sicherung beider Ehegatten führen würde, der Wertausgleich also nicht mehr durch Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt wäre. Insoweit hat § 27 VersAusglG die von § 1587c BGB a.F., § 1587h BGB a.F. und § 3a Abs. 6 VAHRG übernommene Funktion, die aufgrund des starren Wertausgleichs eintretenden Ergebnisse zu korrigieren und verfassungsrechtlich bedenkliche Ergebnisse zu vermeiden (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 6. Aufl., Rz. 839 m.w.N.). Hierbei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, an den strengere Maßstäbe anzulegen sind als sie bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB gelten (Borth, a.a.O., Rz. 850). Die Vorschrift ist nur dann anzuwenden, wenn die starre Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde.

Umstände, die die Unbilligkeit des zu Lasten des Antragstelle...

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