Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.06.2014; Aktenzeichen 23 O 272/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss der Zivilkammer 23 des LG Berlin vom 6.6.2014 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist nur als solche aus eigenem Recht der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gem. § 32 Abs. 2 RVG zulässig, denn die Beklagte hat selbst kein schutzwürdiges Interesse an der Heraufsetzung des Streitwertes. Die Beschwerde ist zulässig, sie ist auch fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten keinen Erfolg.

Das LG hat den Streitwert einer Feststellungsklage über den Fortbestand der Unfallversicherung in Kombination mit einer Leistungsklage überzeugend auf 80 % der 3,5 - fachen jährlichen Versicherungsprämie festgesetzt.

1) Zutreffend verweist das LG darauf, dass die Unfallversicherung der Berufsunfähigkeitsversicherung ähnlich ist. Beide Versicherungen setzen einen Personenschaden voraus; bei beiden Versicherungen wird kein Ausgleich für Vermögensschäden gewährt, vielmehr eine Summe als Versicherungsleistung zugesagt.

A) Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung setzt der BGH für den Fall eines Antrages auf Fortbestehen der Versicherung neben einem konkreten Leistungsantrag den Streitwert auf 20 % der Summe der 3,5-fachen Jahresbeträge der Summe aus den monatlich begehrten Rentenleistungen sowie der monatlichen Prämie fest (vgl. BGH, Beschluss v 6.10.2011 - IV ZR 183/10 - zitiert nach juris: Rz. 2). Mit dieser Entscheidung gab er auch seine bisherige Rechtsprechung zum Streitwert auf (Senat, Beschl. v. 1.12.2004 - IV ZR 150/04). Wird dagegen bereits die volle Leistung beansprucht, kommt einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit von Rücktritt und Anfechtung des Vertrages durch den Versicherer allenfalls noch ein geringer Streitwert zu (vgl. Beschl. v. 21.11.2007 - IV ZR 282/06).

In der genannten Entscheidung vom 1.12.2004 hatte der BGH noch den Wert für den Streit über den Fortbestand der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung differenziert festgesetzt auf 50 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der Summe aus monatlicher Leistung sowie monatlicher Prämie bei ungeklärter Berufsunfähigkeit und 80 % des genannten Betrages, wenn die Berufsunfähigkeit bereits geklärt ist (BGH VersR 2005, 959 f. = NJW-RR 2005, 259 f. - zitiert nach juris: Rz. 7; Beschl v. 22.2.2006 - IV ZR 52/05 - zitiert nach juris). Diese Entscheidung nimmt Bezug auf ein Urteil des 4. Zivilsenats des BGH vom 13.12.2000 (IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316 f.). In dieser Entscheidung stellt der BGH wiederum differenziert für den Streitwert darauf ab, ob der Kläger den Eintritt des Versicherungsfalls behauptet, der Eintritt aber noch ungeklärt ist - dann 50 % - oder ob der Eintritt des Versicherungsfalls noch gar nicht in Rede steht - dann 20 % (vgl. BGH, a.a.O., - zitiert nach juris: Rz. 10). Bei einer kombinierten Leistungs- und Feststellungsklage ist der Streitwert vom BGH im gleichen Jahr noch auf 80 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der Summe aus Rente und Prämie bestimmt worden (vgl. Beschl. v. 15.5.2000 - IV ZR 294/99, NJW-RR 2000, 1266 - zitiert nach juris: Rz. 2). In der Entscheidung vom 13.12.2000 (vgl. BGH, a.a.O.) führt er weiter zum grundlegenden Unterschied bei der Streitwertbemessung zwischen einer Risikolebensversicherung und einer Krankenversicherung aus. Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll dabei einer Risikolebensversicherung entsprechen. Bei der Risikolebensversicherung sei der Eintritt des Versicherungsfalls ungewiss, während die geschuldete Leistung in ihrer Höhe und Dauer feststehe. Dies sei bei einer Krankenversicherung nicht der Fall, bei der die zu erbringenden Leistungen nicht derart bestimmt seien.

Auf diesen Gesichtspunkt stellt der BGH auch in seinem Beschl. v. 12.3.2008 - IV ZR 123/06 - (NJW-RR 2008, 1664 f. = VersR 2008, 988 - zitiert nach juris: Rz. 1) für die Streitwertbemessung bei einer Gebäudeversicherung ab. Bei der Risikolebensversicherung müsse der Versicherer bei Eintritt des Versicherungsfalls die volle Leistung erbringen, während bei der Gebäudeversicherung, der Krankenversicherung und der Kraftfahrtversicherung nur der jeweils durch den Versicherungsfall entstandene konkrete Schaden zu ersetzen sei.

Bei der Krankenversicherung wird auf den 3,5-fachen Betrag der Jahresprämie mit einem Abschlag von 20 % abgestellt (BGH VersR 2012, 336 f. - zitiert nach juris: Rz. 3; NVersZ 2002, 21 f. - zitiert nach juris: Rz. 2); bei der Krankentagegeldversicherung wird ebenso verfahren (vgl. BGH VersR 2011, 237 - zitiert nach juris: Rz. 2; NJW 2000, 2750 - zitiert nach juris: Rz. 5). Hinsichtlich der Kfz-Versicherung wird auf die Entscheidung des BGH vom 11.10.2000 (IV ZR 177/00, VersR 2001, 492 f. - zitiert nach juris: Rz. 6) verwiesen.

B) Es wird nicht übersehen, dass bei der Unfallversicherung keine monatliche Rente zugesagt wird, wie in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Hier kann eine Rente nur bei Erreichen eines bes...

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