Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme

 

Leitsatz (amtlich)

Der Unternehmer kann seinen Erwerbsschaden nicht fiktiv in Höhe des Gehalts einer gleichwertigen Ersatzkraft geltend machen, weil der zu ersetzende Schaden liegt nicht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als solcher, sondern nur in der unfallbedingt tatsächlich eingetretenen Minderung des Gewinns.

Kosten für eine tatsächlich eingestellte Ersatzarbeitskraft begründen regelmäßig einen erstattungsfähigen Erwerbsschaden des Unternehmers, wenn durch deren Einsatz ein Betriebsergebnis erzielt worden ist, das jedenfalls nicht höher lag als es durch den unfallbedingt ausgefallenen Mitarbeiter hätte wahrscheinlich erzielt werden können.

Betragen die tatsächlich angefallenen Kosten einer Ersatzkraft für 21 Tage mehr als das 6,5-fache des durchschnittlichen monatlichen Unternehmerlohns des Inhabers und Geschäftsführers eines Bestattungsunternehmens, ist der Einsatz der Ersatzkraft betriebswirtschaftlich nicht vertretbar und bedeutet einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 41 O 33/10)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht einen Erwerbsschaden infolge eines Verkehrsunfalls geltend.

Der Kläger wurde am 28.2.2009 bei einem Verkehrsunfall verletzt. Für den ihm entstandenen Schaden hat die Beklagte als Haftpflichtversicherer unstreitig zu 100 % einzustehen.

Der Kläger ist Inhaber und Geschäftsführer eines Bestattungsunternehmens mit insgesamt 3 Angestellten. Er erzielt einen durchschnittlichen monatlichen Unternehmerlohn i.H.v. 3.266,67 EUR.

Der Kläger behauptet er sei aufgrund des durch den Unfall erlittenen Schleudertraumas und einer Prellung des Thorax in der Zeit vom 2. bis 23.3. arbeitsunfähig krank gewesen. Er habe sich während dieser Zeit in der Geschäftsführung seines Unternehmens durch seine Mutter, die ihrerseits Inhaberin eines anderen Bestattungsunternehmens sei, vertreten lassen.

Den geltend gemachten Schadensersatzanspruch begründet der Kläger wie folgt: Ihm seien von seiner Mutter für die Vertretung 22.089,15 EUR in Rechnung gestellt worden. Ein mit der Vertretung beauftragter Bestattungsdienstleister hätte 8.364 EUR in Rechnung gestellt. Von dem zuletzt genannten Betrag bringt der Kläger den unstreitig von der Beklagten gezahlten Betrag i.H.v. 3.266,67 EUR in Abzug und macht den Differenzbetrag i.H.v. 5.097,33 EUR als Betriebsschaden geltend. Ferner verlangt er Rechtsverfolgungskosten nach teilweiser Erstattung durch die Beklagte i.H.v. weiteren 72 EUR.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil es von vornherein unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht zu vertreten gewesen sei, im Hinblick auf einen zu erwartenden Gewinn von allenfalls 3.266,67 EUR im Monat Mehraufwendungen in Höhe eines Vielfachen davon entstehen zu lassen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Kläger zum Erhalt seines Betriebes trotz dieser Relation zwingend auf eine Ersatzkraft angewiesen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen Klageantrag weiter verfolgt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:

Mit der Klage sei unter Beweisantritt die besondere Rolle der Arbeitsleistung des Klägers für den Bestand seines Kleinbetriebes vorgetragen worden. Diesen Beweisangeboten hätte das LG im Rahmen seiner Pflicht zur Schadensermittlung gem. § 287 ZPO nachgehen müssen.

Auch bei der zur Schadensermittlung zentralen Frage, ob ein Erwerbsschaden überhaupt erstattungsfähig sein könne, der deutlich über dem durchschnittlichen Monatsgewinn liege, hätte das Gericht gegebenenfalls den Kläger vernehmen oder von Amts wegen weiteren Beweis erheben müssen. Seinem, des Klägers, Vortrag sei zu entnehmen gewesen, dass er in seinem Betrieb nicht regelmäßig eine Person beschäftige, die ihn in seiner Rolle als Geschäftsführer so vertreten könne, dass kein Gewinneinbruch oder eine Gefährdung seines Betriebes insgesamt zu befürchten wäre.

Indem er sich sofort um Ersatz für seine unternehmerische Tätigkeit bemüht habe, sei er seiner Pflicht zur Schadensminderung nachgekommen. Zum Zeitpunkt seines Unfalls sei zudem noch gar nicht klar gewesen, wie lange er unfallbedingt ausfallen würde.

Es sei als allgemein bekannt anzusehen, dass in Kleinbetrieben dem geschäftsführenden Inhaber eine unvergleichlich höhere Bedeutung zukomme. Dies sei bei "kaufmännischen Gesichtspunkten" zu berücksichtigen.

II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzlich Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer...

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