Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Beschluss vom 10.07.2020; Aktenzeichen 62 VI 593/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 10.7.2020 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Nachlasspflegerin Rechtsanwältin CXXX wird eine Vergütung in Höhe von 1.592,61 Euro (in Worten: eintausendfünfhundertzweiundneunzig 61/100 Euro) bewilligt.

Die Vergütung ist aus dem Nachlass zu erstatten.

Der weitergehende Vergütungsantrag der Nachlasspflegerin wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.

 

Gründe

I. Am 10.7.2019 verstarb Herr RXXX in Berlin. Der Beteiligte zu 2) ist sein Sohn und Alleinerbe.

Mit Beschluss vom 6.11.2019 ordnete das Amtsgericht Nachlasspflegschaft an und bestellte die Beteiligte zu 1) zur Nachlasspflegerin.

Mit Schriftsatz vom 24.2.2020 erstattete die Nachlasspflegerin Bericht, erklärte die Nachlassabwicklung für erledigt, regte die Aufhebung der Pflegschaft an und beantragte eine Vergütung von 1.707,65 EUR brutto zuzüglich ihrer Auslagen. Hinsichtlich der Auslagen in Höhe von 3,55 EUR Portokosten und 7,50 EUR Kopierkosten beantragte sie die Genehmigung zur Entnahme aus dem Nachlass.

Nach Anhörung des Beteiligten zu 2) hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.7.2020 eine Vergütung in Höhe von 1.707,65 EUR für die Nachlasspflegerin bewilligt. Der Betrag sei angemessen. Der Beschluss ist dem Beteiligten zu 2) am 14.7.2020 zugestellt worden.

Bereits mit Schreiben vom 13.7.2020 erklärte der Beteiligte zu 2), er könne die Höhe der beantragten Vergütung nicht prüfen. Es sei keine gesonderte Aufstellung zu den Tätigkeiten und zum Stundensatz beigefügt.

Mit Beschluss vom 20.7.2020 hat das Amtsgericht die Nachlasspflegschaft aufgehoben.

Mit Schreiben vom 20.7.2020 hat das Amtsgericht dem Beteiligten zu 2) erläutert, dass die Vergütung nach der "Berliner Vergütungstabelle" erhoben werde und sich pauschal nach der Höhe des Nachlasswertes und dem Umfang der Pflegertätigkeit richte. In einfach gelagerten Fällen sei daher bei einem Nachlasswert von bis zu 20.000 EUR eine Vergütung in Höhe von bis zu 2.023 Euro angemessen.

Mit Schreiben vom 29.7.2020 hat der Beteiligte zu 2) Beschwerde gegen die Vergütungsfestsetzung erhoben. Dabei hat er verschiedene Fragen formuliert, u.a. ob es zur "Berliner Vergütungstabelle" Rechtsprechung des Kammergerichts gebe und ob diese Tabelle rechtlich legitimiert sei. Eine pauschalierte Vergütungstabelle laufe dem Prinzip des Zeitaufwandes zuwider.

Mit Schreiben vom 29.10.2020 hat das Amtsgericht dem Beschwerdeführer eine Kopie der "Berliner Vergütungstabelle" übersandt. Bei einem vom Beschwerdeführer angegebenen Nachlasswert von 92.564,60 EUR ergebe sich aus der Tabelle eine Vergütung von mindestens 4.248,30 EUR. Die festgesetzte Vergütung bliebe weit dahinter zurück und sei angemessen.

Mit Beschluss vom 23.11.2020 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.

Der Beschwerdesenat hat nach Eingang der Akte die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Vergütungshöhe nicht anhand eines pauschalen Prozentsatzes vom Nachlasswert bestimmt werden könne, sondern nach Zeitaufwand und Stundensatz abzurechnen sei.

Die Beteiligte zu 1) meint, die Hauptsache habe sich erledigt, da die Vergütung am 11.12.2020 "vorbehaltlos bezahlt" worden sei. Ferner meint sie, die Berliner Vergütungstabelle sei Grundlage der Vergütung. Eine Stundenvergütung sei beim Amtsgericht Wedding nicht möglich, da diese Form der Vergütung dort nicht praktiziert werde. Mit Schriftsatz vom 19.2.2021 hat die Beteiligte zu 1) vorsorglich eine Abrechnung nach Zeitaufwand vorgenommen und dabei Tätigkeiten für den Zeitraum vom 8.2.2019 bis 22.1.2021 aufgelistet. Sie macht darin insgesamt 935 Minuten mit einem Stundensatz von 110 EUR geltend, ferner 6,55 EUR Porto und 8,50 EUR Kopierkosten. Auf den Schriftsatz wird ergänzend Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 2) trägt vor, er habe sich zur Zahlung der Vergütung gezwungen gesehen, da das Amtsgericht seine Beschwerde für unbegründet erachtet habe und die Nachlasspflegerin mit Schreiben vom 6.12.2020 Rechtsmittel angedroht habe. Er halte eine Abrechnung nach der Berliner Vergütungstabelle für unzulässig und für ihn nachteilig und halte seine Beschwerde aufrecht.

II. Die gemäß den §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Dass er mittlerweile die vom Amtsgericht festgesetzte Vergütung bezahlt hat, hat nicht zur Erledigung des Verfahrens oder einer Bindung des Gerichts bei der Festsetzung geführt (dazu 1.). Der von ihm erhobene Einwand gegen eine Vergütungsfestsetzung anhand eines pauschalen Prozentsatzes vom Nachlasswert ist zwar berechtigt (dazu 2.). Auf die nachgeholte korrigierte Abrechnung der Beteiligten zu 1) hin war jedoch eine Nachlasspflegervergütung von 1.592,61 EUR brutto festzusetzen. Der...

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