Entscheidungsstichwort (Thema)

Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts mit der Folge des Reisekostenerstattungsanspruches

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 102 O 53/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 15.10.2001 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 23.8.2001 wird bei einem Beschwerdewert i.H.v. 344,98 Euro (674,72 DM) auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 15.10.2001 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 23.8.2001 ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 S. 2, 577 Abs. 2 S. 1 ZPO statthaft und zulässig. Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

Der Beklagten steht gegen den Kläger kein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten und eines Tage- und Abwesenheitsgeldes nach § 28 Abs. 3 BRAGO zu. Nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der wie die Beklagtenvertreter weder bei dem Prozessgericht zugelassen ist noch am Ort des Prozessgerichts, nur dann als notwendige und damit nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstattende Kosten anzusehen, wenn die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Insoweit wird zwar wegen des Wegefalls des Lokalisationsprinzipes mehr und mehr die Auffassung vertreten, dass die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts jedenfalls dann i.d.R. notwendig ist, wenn die Partei einen Rechtsanwalt beauftragt, der in der Nähe ihres Sitzes ansässig ist (vgl. dazu nur KG v. 23.1.2001 – 1 W 8967/00, MDR 2001, 473 = KGReport 2001, 102; OLG Düsseldorf, MDR 2002, 116). Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor, weil die Beklagte ihren Sitz in Berlin hat, so dass die Beauftragung von Frankfurter Anwälten aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht als notwendig anzusehen ist. Die Beklagte hat aber auch keine weiteren besonderen Gründe dargetan, die im vorliegenden Fall eine Erstattungsfähigkeit der genannten Kosten rechtfertigen könnten. Insbesondere reicht es nicht aus, dass die Beklagtenvertreter seit Jahren in der Spezialmaterie des Wettbewerbsrechts und im vorliegenden Fall und in Parallelangelegenheiten vorgerichtlich für die Beklagte tätig waren. Denn all dies rechtfertigt kostenrechtlich nicht, dass die Beklagte nicht einen Berliner Anwalt beauftragt hat (vgl. zum Spezialanwalt LAG Düsseldorf v. 14.12.1979 – 16 Ta 71/79, ZIP 1980, 471; OLG Frankfurt, WRP 1978, 60; OLG Koblenz, WRP 1978, 555; zum Hausanwalt: Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91 Rz. 63; OLG München, JurBüro 1978, 1082).

Soweit die Beklagte weiter darauf hinweist, dass dem Kläger Reisekosten ihres Rechtsanwalts in anderen Verfahren vor derselben Kammer des LG zugesprochen worden sind, bindet dies den Senat nicht. Dies erklärt sich möglicherweise aus der dargestellten geänderten Rechtsprechung zu § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO wegen des Wegfalls des Lokalisationsprinzips. Immerhin hat der Kläger seinen Sitz in M. und seine Prozessbevollmächtigten sind in Üb. ansässig. Selbst wenn aber das LG hier eine von der Auffassung des Senats abweichende Auffassung vertreten haben sollte, liegt jedenfalls in dieser Entscheidung entgegen der Auffassung der Beklagten kein Verstoß gegen Art. 3 GG. Denn die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird regelmäßig durch den eröffneten Instanzenzug gewahrt (vgl. von Münch/Gubelt, GG, 5. Aufl., Art. 3 Rz. 43; Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 3 Rz. 259). Eine Gleichheit im Unrecht gibt es überdies nicht (vgl. v. Münch/Gubelt, GG, 5. Aufl., Art. 3 Rz. 42; Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 3 Rz. 251).

Spiegel, Ninnemann, Dr. Müther

 

Fundstellen

Haufe-Index 1102694

AGS 2002, 237

KG-Report 2002, 157

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