Leitsatz (amtlich)

§ 41 Abs. 5 GKG gilt nicht - auch nicht analog - für den Gebührenwert von Klagen auf Feststellung einer Überschreitung der gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miete.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 03.08.2023; Aktenzeichen 64 T 61/23)

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 13.04.2023; Aktenzeichen 226 C 152/22)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 03.08.2023 - 64 T 61/23 - teilweise geändert.

Der Streitwertbeschluss des AG Charlottenburg vom 13.04.2023 - 226 C 152/22 - wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Streitwert wird auf 3.710,44 EUR festgesetzt. Der Wert des Vergleichs übersteigt den Streitwert um 20.549,76 EUR.

Das gerichtliche Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

[1] Die weitere Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 Nr. 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 4 GKG statthaft, weil das Landgericht sie zugelassen hat und der Beschwerdegegenstand - die mit der Beschwerde erstrebte Gebührendifferenz - 200 EUR übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Die weitere Beschwerde ist auch zulässig, weil die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, welche die Beschwerde gemäß § 32 Abs. 2 RVG im eigenen Namen eingelegt hat, das Rechtsmittel formgerecht und innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 Satz 6 GKG eingelegt hat.

[2] Die weitere Beschwerde ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.

[3] Das Landgericht hat als Gebührenstreitwert für den Klageantrag auf Auskunft zu Recht (nur) 10 % des Wertes einer Klage auf Feststellung einer Überschreitung der nach § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miete angesetzt. Der Wert eines Auskunftsanspruchs ist in der Regel mit 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs und umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des Anspruchsstellers von den zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind (BGH, Beschluss vom 19.04.2018 - IX ZB 62/17 - MDR 2018, 767 Rn. 10). Das Landgericht hat zu Recht den unteren Rand dieser Spanne angesetzt, weil eine Belehrung gemäß § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB nicht erfolgt war und die Ausnahmetatbestände, zu denen die Klägerin Auskunft begehrt hat, daher erst nach Ablauf der Frist des § 556g Abs. 1a Satz 3 BGB erheblich werden konnten.

[4] Der Wert eines solchen Feststellungsantrages ist entgegen dem angefochtenen Beschluss hier nicht mit dem 17-fachen, sondern mit dem 47-fachen Überschreitungsbetrag zu bemessen. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 9 Satz 1 ZPO ist der (42-fache) Überschreitungsbetrag für dreieinhalb Jahre anzusetzen und hinzu kommen - wie das Landgericht richtig erkannt hat - die geltend gemachten Überzahlungen auf zwei Monatsmieten und auf die drei Nettokaltmieten betragende Kaution (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.2020 - VIII ZR 45/19 - BGHZ 225, 352, Rn. 117), die nicht Gegenstand des Klageantrages auf Rückzahlung sind.

[5] Die angefochtene Wertfestsetzung stützt sich zu Unrecht auf § 41 Abs. 5 GKG:

[6] Gemäß § 41 Abs. 5 GKG in der aufgrund des Kostenmodernisierungsgesetzes seit dem 01.01.2021 geltenden Fassung ist für den Streitwert bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag des Erhöhungsbetrages und bei der Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung maßgebend. Bei einem Feststellungsantrag zu § 556d Abs. 1 BGB geht es aber weder um eine Mieterhöhung noch um eine Mietminderung (gemäß § 536 BGB), sondern der Antrag zielt auf eine andersartige Herabsetzung der vereinbarten Miete und wird daher vom Wortlaut des § 41 Abs. 5 GKG nicht erfasst.

[7] Der Streitwert des Feststellungsantrages ist auch nicht in analoger Anwendung von § 41 Abs. 5 GKG auf den Jahresbetrag des streitigen Differenzbetrages begrenzt (BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 382/21 - juris Rn. 54; OLG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2023 - 4 W 23/23 - GE 2023, 797; LG Berlin, Beschluss vom 20.12.2023 - 67 T 77/22 - ZMR 2023, 461; LG Berlin, Beschluss vom 15.02.2023 - 65 T 15/23 - ZMR 2023, 239; Elzer in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Auflage, § 41 GKG Rn. 62 "Feststellung"; Schneider, AGS 2023, 184; ebenso zu § 41 Abs. 5 GKG a. F.: BGH, Urteil vom 27.05.2020 - VIII ZR 45/19 - BGHZ 225, 352 Tz. 117; Senat, Beschluss vom 28.04.2022 - 8 W 12/22; anderer Auffassung: KG, Beschluss vom 29.09.2022 - 12 W 26/22 - ZMR 2023, 30; LG Berlin, Urteil vom 26.04.2023 - 64 S 189/22 - WuM 2023, 419, Revision anhängig zu VIIII ZR 135/23; LG Berlin, Urteil vom 30.08.2023 - 64 S 309/22 - GE 2023, 1006, Revision anhängig zu VIIII ZR 211/23; Schüller in: BeckOK BGB, 66. Ed. 01.05.2023, BGB § 556g Rn. 35b).

[8] Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von d...

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