Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 29.11.1999; Aktenzeichen 32 O 621/99)

 

Tenor

wird auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 29. November 1999 der Streitwertbeschluss der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin vom 23. November 1999 geändert:

Der Streitwert wird auf 32.000,– DM festgesetzt, wobei auf den Räumungsantrag 24.000,– DM (12 × 2.000,– DM) entfallen.

 

Gründe

Der Senat geht davon aus, dass die Streitwertbeschwerde durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im eigenen Namen eingelegt worden ist, wozu diese nach § 9 Abs. 2 BRAGO aus eigenem Recht befugt sind. Die Klägerin selbst ist durch eine zu niedrige Wertfestsetzung nicht beschwert.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da entgegen der Ansicht des Landgericht bei der Wertbemessung für den Räumungsantrag auch der im Mietvertrag gesondert ausgewiesene Vorschuss für Wasser in Höhe von 200,– DM monatlich zu berücksichtigen ist.

Ob für die Bemessung des Gebührenwertes nach § 16 Abs. 1 GKG der Bruttomietzins einschließlich sämtlicher Nebenkosten anzusetzen ist (so OLG Hamm in ZMR 1995, 359; OLG München in GE 1999, 44; LG Kiel u. LG Köln in WuM 1987, 61; LG Mönchengladbach in ZMR 1990, 345; Stein-Jonas-Roth, ZPO, § 8, Rn 9; Schneider, Streitwertkommentar, Rn 3087), oder ob von diesem die verbrauchsabhängigen Nebenkosten wie etwa für Heizung und Wasser abzusetzen sind (vgl. BGHZ 18, 169 ff, 173; nunmehr offen gelassen in NZM 1999, 794), oder ob die Nebenkosten insgesamt herauszurechnen sein sollen, so dass nur der Nettomietzins maßgeblich ist (so OLG Rostock in MDR 1994, 628; OLG Oldenburg in ZMR 1991, 142; OLG Köln in WuM 1996, 288; LG Leibzig in WuM 1996, 234; LG Memmingen in WuM 1993, 478; LG Frankenthal, 378; LG Kleve in JurBüro 1985, 423; im Anschluss daran Anders/Gehle, Handbuch des Streitwerts, Rn 10), ist streitig. Der Senat, der bisher vom Nettomietzins ausgegangen ist, schließt sich nach erneuter Überprüfung der Rechtslage der zuerst genannten Ansicht (insbesondere OLG Hamm, a.a.O.) an.

Für den vollen Ansatz des gesamten vereinbarten Mietzinses einschließlich der enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen spricht bereits der Wortlaut des § 16 GKG.

Der dort verwendete Begriff des „Zinses” ist zunächst nach allgemeinem Verständnis als ein bestimmter Betrag zu verstehen, der in regelmäßigen Zeitabschnitten zu entrichten ist, ohne dass hierbei nach dem Grund für die Zahlungsverpflichtung zu differenzieren wäre. Im Mietverhältnis ist dieser regelmäßig zu entrichtende Betrag der Mietzins. Der Mietzins umfasst nach dem Verständnis zu den Regelungen des BGB, insbesondere in § 554 BGB, nach allgemeinem Verständnis auch die vom Mieter zu erbringenden Nebenleistungen. Insoweit besteht kein Grund und auch keinerlei Anhaltspunkt in der Regelung im GKG, den Begriff hier anders zu definieren (so zutreffend OLG Hamm, a.a.O.).

Darauf, dass die Regelung im GKG auf den bürgerlich-rechtlichen Begriff des Miet- oder Pachtzinses als des gesamten Entgelts für die Gebrauchsüberlassung verweise, hat auch der BGH in seiner früheren Entscheidung hingewiesen (BGHZ 18, 169, 172). Dabei hat er bereits zum damaligen Zeitpunkt festgestellt, dass die Nebenleistungen ein derartiges Ausmaß erreicht hätten, dass sie nicht mehr, anders als noch vom Reichsgericht vertreten (vgl. RGZ in JW 1930, 1058), als unbeachtliche Nebenleistungen betrachtet werden könnten (BGH a.a.O., S. 171). Diese Feststellung bezog sich nicht nur auf die u.a. erwähnten Baukostenzuschüsse, sondern auch etwa auf öffentliche Abgaben und sonstige Lasten. Die Entscheidung war daher nicht allein durch die besonderen Umstände der Nachkriegszeit geprägt (entgegen OLG Köln, a.a.O.). Im Gegenteil haben die Nebenkosten weiterhin wirtschaftlich an Bedeutung gewonnen und stellen einen nicht unerheblichen Anteil am Gesamtmietzins dar, so dass sie vielfach als sogenannte „zweite Miete” bezeichnet werden.

Die Übernahme der Nebenkosten stellt auch durchaus eine Gegenleistung des Mieters für die Überlassung der Mietsache dar. Nach § 546 BGB müsste der Vermieter die Lasten tragen. Der Mieter übernimmt die Lasten demgegenüber im Gegenzug dafür, dass ihm die Sache überlassen wird. Wäre dies nicht so, und wäre über die Nebenkosten nicht abzurechnen, so würde sich dies in der Höhe des (Inklusiv-)Mietzinses niederschlagen. Dass die Mietvertragsparteien zwischen den Mietbestandteilen selbst differenzieren, beruht weniger darauf, dass sie die Nebenkosten nicht als Miete ansehen, sondern darauf, dass es sich um veränderliche Kosten handelt, die nur im tatsächlichen Umfang vom Mieter übernommen werden sollen, Erhöhungen und Ermäßigungen also weiter zu geben sind. Dass die Vorauszahlungen hierbei insofern „durchlaufende Posten” darstellen, als der Vermieter sie für die Begleichung der ihm entstandenen Kosten verwenden muss, steht der Annahme, dass die Übernahme der Lasten im wirtschaftlichen Ergebnis eine Gegenleistung darstellt, nicht entgegen. Im übrigen wird etwa einhellig auch die Mehrwertsteuer dem Zins im...

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