Leitsatz (amtlich)

1. Nach ständiger Rechtsprechung beider Verkehrssenate des KG enthält § 7 Abs. 4 StVO eine Vorrangsregelung dahin, dass derjenige, der den durchgehenden Fahrstreifen befährt, Vorrang vor demjenigen, der auf seinem Fahrstreifen nicht durchfahren kann.

2. Persönliche Erklärungen der Partei als unmittelbarem Wissensträger gehen im Konfliktfall der anwaltlichen Darstellung in Schriftsätzen vor.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 64/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 14.11.2007 in Berlin, Beusselstraße 56, ca. 50 Meter hinter der Kreuzung Wittstocker Straße; die Kollision zwischen dem in ihrem Eigentum stehenden, von ihr unter der Bezeichnung "I.-A. I. D." gehaltenen und geführten Pkw Mercedes-Benz BM 245 B und dem von der Zweitbeklagten gehaltenen, bei der Erstbeklagten versicherten und von dem Drittbeklagten geführten Lkw mit Anhänger ereignete sich im gleichgerichteten Verkehr in Richtung Süden, wobei es zu einer seitlichen Berührung kam (Kollision der hinteren linken Seite des Klägerfahrzeugs mit der vorderen rechten Seite in Höhe der Vorderachse des Beklagtenfahrzeugs).

Nachdem eine Regulierung des Schadens durch die Erstbeklagte nicht erfolgt war, hat die Klägerin klageweise ihren Schaden nach einer Quote von 100 % geltend gemacht.

Das LG hat die Klage nach Anhörung der Klägerin und des Drittbeklagten abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem eigenen schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin sei diese - auch und vor allem wegen der am rechten Fahrbahnrand parkenden Fahrzeuge - nach links in die Fahrspur des Beklagtenfahrzeugs gewechselt; im Bereich der Unfallstelle gäbe es nämlich nicht - wie die Klägerin meine - drei Fahrstreifen; nach Ende der Fahrbahnmarkierung sei dies auf der 7,5 m breiten Fahrbahnhälfte jedoch nicht der Fall, weil davon 2 m für die rechts parkenden Fahrzeuge abzuziehen seien und die verbleibenden 5,50 m nicht breit genug für zwei Fahrstreifen seien; jedenfalls sei es für einen Lkw und einen Pkw zu schmal. Da wegen der rechts parkenden Fahrzeuge der von der Klägerin benutzte rechte Bereich der Fahrbahn schmaler geworden sei, hätte die Klägerin den links von ihr befindlichen Verkehr beachten und diesem den Vorrang einräumen müssen; dies sei nicht geschehen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin ihre Sorgfaltspflichten beim Fahrstreifenwechsel nach § 7 Abs. 5 StVO beachtet hätte.

Gründe für eine Mithaftung der Beklagten seien nicht ersichtlich; insb. sei der Drittbeklagte nicht gehalten gewesen, abzubremsen und der Klägerin den Vortritt zu lassen, selbst wenn erkennbar gewesen sei, dass der rechte Fahrstreifen wegen der parkenden Fahrzeuge blockiert sei.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die Verurteilung der Beklagten nur noch nach einer Haftungsquote von ½ erstrebt.

Sie macht im Wesentlichen geltend:

Die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts zur Richtungsänderung der Fahrbahn sei zwar richtig, sei jedoch bei der Bewertung nicht hinreichend beachtet worden. Im Bereich der Unfallstelle habe es "keine Fahrspur des einen oder des anderen Unfallbeteiligten" (Berufungs-begründung, S. 3) gegeben, sondern die bis zur Unfallstelle reichenden Fahrbahnmarkierungen legten es nahe, dass die von der Kreuzung kommenden Fahrzeuge nunmehr den Fahrbahnmarkierungen folgend sich etwas nach links einordnen müssen. Auch sei unrichtig, wenn das angefochtene Urteil ausführe, die Klägerin sei nicht wegen der Veränderungen der Fahrbahnmarkierungen nach links geschwenkt, sondern weil am rechten Fahrbahnrand Fahrzeuge geparkt hätten. Die Verschwenkung der Fahrbahnmarkierung nach links bezwecke "auch gerade, dass sowohl rechts Fahrzeuge parken können als auch zwei zwar schmale, aber doch ausreichend breite Fahrspuren" verblieben (Berufungsbegründung, S. 4).

Es sei völlig prozessordnungswidrig, wenn im angefochtenen Urteil auf S. 5 Mitte ausgeführt werde, der Drittbeklagte sei nach dessen unwiderlegter Einlassung soweit wie möglich links gefahren, so dass er fast die Mittellinie überfahren habe. Gerade dies sei erstinstanzlich mehrfach bestritten worden.

Bei richtiger Beurteilung des Sachverhalts und der unstreitigen örtlichen Begebenheiten hätte das angefochtene Urteil feststellen müssen, dass durch die Verkehrsführung beide Unfallbeteiligte gehalten gewesen seien, jeweils eine leichte Richtungsänderung nach links einzuschlagen; wie sie behauptet habe, aber nicht habe beweisen können, sei demgegenüber der Beklagte zu 3 mit dem Lkw den leichten Linksschwenk nicht ausgefahren, sondern sei geradeaus weitergefahren; es sei also unbewiesen geblieben, wer den Unfall verschuldet habe, so dass der Schaden über die Betriebsgefahr der Fahrzeuge auszugleichen sei, wobei es - trotz höherer Betriebsgefahr des Lastzuges - hier angemessen sei, die Hälfte des Schad...

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