Leitsatz (amtlich)

Aus der Stellung einer Person als Mitarbeiter einer Grundstücksgesellschaft im Bereich der Verwaltung von Mieträumen und von Verhandlungen mit Mietern ergibt sich grundsätzlich für den Mieter nicht die Kenntnis (§ 174 Satz 2 BGB, dass diese Person auch zur Erklärung einer Kündigung bevollmächtigt ist.

Denn es macht einen qualitativen Unterschied, ob Verhandlungen im Rahmen des Betriebsverhältnisses eines Mietvertrages geführt werden oder ob der Mietvertrag als Grundverhältnis beendet werden soll.

Auch muss der Mieter nicht davon ausgehen, dass die Kündigung eines Mietvertrages in anderer Form unterzeichnet wird als dessen Abschluss.

Die Zurückweisung einer Kündigung durch den Betreiber einer Gaststätte innerhalb von 8-10 Tagen nach Erhalt kann noch unverzüglich i.S.d. §§ 174 Satz 1, 121 Abs. 1 Satz 1 BGB sein, wenn dies noch innerhalb der nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist liegt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 25 O 536/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als Vermieter den Beklagten als Mieter in Anspruch auf Räumung von Gewerberaum nach fristloser Kündigung des Mietverhältnisses wegen Mietrückstandes mit Schreiben vom 24.11.2008, dem Beklagten zugegangen am 1.12.2008. Das Schreiben ist unterschrieben mit

"i.A. M K" und "i.A. M Sch".

Der Beklagte wies die Kündigung mit Anwaltsschreiben vom 8.12.2008 wegen fehlender Vollmacht zurück.

Nach Erhebung der Klage und Rücknahme des ursprünglichen Zahlungsantrags kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 23.2.2009 vorsorglich erneut, weil nach ihrer Berechnung für Dezember 2008 sowie Januar und Februar 2009 erneut erhebliche Mietrückstände aufgelaufen seien.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Mietverhältnis sei nicht durch die Kündigung vom 24.11.2008 beendet worden; denn der Beklagte habe dieser Kündigung zu Recht nach § 174 Satz 1 BGB widersprochen, weil ihr eine Vollmachtsurkunde nicht beigelegen habe. Selbst wenn die Unterzeichner mit dem Beklagten zuvor über die Miete und eine Beendigung des Mietverhältnisses verhandelt haben sollten, sei daraus nicht erkennbar gewesen, dass sie auch Kündigungen hätten erklären dürfen. Die Zurückweisung sei auch unverzüglich, nämlich binnen einer Woche erfolgt.

Die fristlose Kündigung im Prozess sei unwirksam, weil zu diesem Zeitpunkt keine rechtfertigenden Mietrückstände aufgelaufen seien.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin Räumung begehrt. Sie greift die Ausführungen des LG zur Zurückweisung der Kündigung vom 24.11.2008 an und macht geltend:

Die Zurückweisung sei nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen sowie treuwidrig, weil der Beklagte bereits zuvor von der Bevollmächtigung des Herrn Kuntzen in Kenntnis gesetzt worden sei.

Das LG habe verfahrensfehlerhaft auch einen Hinweis unterlassen, dass es Zweifel an der von ihr vorgetragenen Bevollmächtigung gehabt habe und pflichtwidrig eine Beweisaufnahme unterlassen.

Selbst wenn aber die Bevollmächtigung des Herrn K nicht beweisbar wäre, hätte im Wege einer teleologischen Reduktion des § 174 Satz 1 BGB eine Zurückweisung nicht zugelassen werden dürfen, um einer unerträglichen Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs entgegenzuwirken in den Fällen, in denen es nicht üblich sei, firmeninterne Vollmachten im Rechtsverkehr offen zu legen.

Jedenfalls sei die Zurückweisung nicht "unverzüglich" erfolgt, weil die Klägerin auf eine postwendende Zurückweisung, also in weniger als einer Woche habe vertrauen dürfen.

II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

1. Ausschluss der Zurückweisung nach § 174 Satz 2 BGB

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Zurückweisung der Kündigung vom 24.11.2008 nicht ausgeschlossen, weil der Beklagte bereits zuvor von der Bevollmächtigung des Herrn K in Kenntnis gesetzt worden wäre oder die Zurückweisung als treuwidrig einzustufen wäre.

a) Kenntnis von der Bevollmächtigung

Nach § 174 Satz 2 BGB ist die Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Dass dies ausdrücklich hinsichtlich eines oder beider Unterzeichner der Kündigung vom 24.11.2008, M K und M Sch, der Fall gewesen sei, legt die Klägerin nicht dar.

Wird der Vertreter in eine Stellung berufen, die üblicherweise mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet ist, steht dies zwar ei...

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