Leitsatz (amtlich)

1. Stellt der Leistungserbringer eines Vertrags - etwa eines Werkvertrags - seine Leistungen unberechtigt endgültig ein, so steht der Gegenseite ein Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen von § 281 Abs. 1 BGB zu.

2. § 323 Abs. 4 BGB ist auf den Schadensersatzanspruch aus § 281 Abs. 1 BGB analog anwendbar.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 39 O 98/21)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. November 2021 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das angefochtene Urteil ist fortan vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus einem Bauvertrag in Anspruch.

Mit Generalunternehmervertrag vom 20. November 2017 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück G Straße, Berlin, gegen Zahlung einer Vergütung von 1.628.478 EUR (Anlage K 1, im Folgenden: GU-Vertrag).

Ursprünglich hätte die Beklagte ihre Arbeiten alsbald nach Vertragsschluss beginnen und am 11. März 2019 abschließen sollen. Tatsächlich verschob sich der Baubeginn um mehrere Monate. Die Klägerin erstellte einen neuen Terminplan mit Stand zum 13. September 2018, der eine Bauzeit vom 1. September 2018 bis zum 31. Dezember 2019 vorsah. Am 7. November 2018 vereinbarten die Parteien in einem "Nachtrag 2" zum GU-Vertrag, dass dieser neue Terminplan für ihre weitere Zusammenarbeit maßgeblich sei. Zum "Ausgleich des Bauverzugs bis zum 13. September 2018" sagte die Klägerin der Beklagten eine Bonuszahlung von 100.000,00 EUR (einschließlich Umsatzsteuer) zu (Anlage K 3, im Folgenden: Nachtrag 2).

In der Folgezeit führte die Beklagte Bauarbeiten auf dem Baugrundstück aus, der Fortschritt gestaltete sich aber nicht so wie vorgesehen; die Ursachen hierfür sind zwischen den Parteien umstritten.

Anfang März 2019 stellte die Beklagte die Arbeiten ein. Am 11. März 2019 forderte ihr Geschäftsführer vom Geschäftsführer der Klägerin eine "Baupreisanpassung", d.h. eine Mehrvergütung von 744.607,83 EUR, und sagte eine für den Folgetag angesetzte Besprechung ab (Anlage K 4).

Die Klägerin wies diese Forderung mit Schreiben vom 14. März 2019 zurück und forderte die Klägerin zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten auf (Anlage K 5). In einer Besprechung am 18. März 2019, an der u.a. die Geschäftsführer der Parteien teilnahmen, lehnte die Beklagte die Aufnahme der Arbeiten ab, sofern die Klägerin nicht zuvor sich zur Zahlung der Mehrvergütung von 744.607,83 EUR verpflichte (Anlage K 6). Am Folgetag zeigte die Beklagte der Klägerin diverse Behinderungen an (Anlage K 7). Mit Schreiben vom 20. März 2019 erklärte sie die fristlose Kündigung des GU-Vertrags (Anlage K 8).

Am 9. April 2019 wies die Klägerin diese Kündigung zurück und erklärte ihrerseits die fristlose Kündigung des GU-Vertrags (Anlage K 9).

Die Klägerin ließ das Bauvorhaben durch andere Unternehmen fertigstellen. Sie trägt mit Schriftsatz vom 1. April 2021 und vom 11. Juni 2021 unter Bezugnahme auf die Anlage K 19 zu den Kosten vor, die ihr dadurch insgesamt entstanden seien. Dieser Betrag beläuft sich auf 2.993.343,95 EUR. Im Abgleich mit der Vergütung, die sie der Beklagten für die schlüsselfertige Herstellung des Gebäudes zugesagt hatte, ermittelt die Klägerin so Mehrkosten von 1.264.841,35 EUR.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf einen erststelligen Teilbetrag dieser Mehrkosten in Höhe von 200.000,00 EUR sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten jeweils nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagte tritt der Klage entgegen. Sie ist der Ansicht, ihre fristlose Kündigung vom 20. März 2019 habe den GU-Vertrag wirksam beendet, denn es sei die Klägerin, die für die Verzögerung des Baufortschritts verantwortlich sei. Daher habe auch die Klägerin die daraus resultierenden Kosten zu tragen.

Mit Urteil vom 3. November 2021 hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. März 2019 sei unwirksam gewesen, die der Klägerin vom 9. April 2019 hingegen wirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und der Begründung des Gerichts wird auf dieses Urteil verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.

II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Da dies offensichtlich ist, der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist und der Senat die Beklagte hierauf hingewiesen hat, entscheidet er gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss.

1. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.2464.841,35 EUR gegen die Beklagte zusteht, den sie im Umfang eines Teilbetrags von 200.000,00 EUR mit ihrer Klage geltend m...

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