Rz. 7

Ist das Grundbuchamt, gleichgültig aus welchen Erwägungen, überzeugt, dass eine Beschwerde sachlich begründet ist, so muss es ihr abhelfen.[7] Die Abhilfepflicht besteht auch gegenüber einer unzulässigen Beschwerde.[8] Das Abhilfeverfahren knüpft nicht an die Zulässigkeit des Rechtsmittels an. Erforderlich ist aber in Antragsverfahren die Antragsberechtigung des Beschwerdeführers, da nur der Antragsteller bzw. ein anderer Antragsberechtigter (vgl. § 13 Abs. 2 GBO) eine Änderung beanspruchen kann.[9] Ebenso muss bei einer Abhilfe im Wege der Eintragung eines Amtswiderspruchs dem Beschwerdeführer ein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB zustehen.[10]

 

Rz. 8

Eine Abhilfe kommt bei einer anderen Würdigung der tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung, insbesondere bei der Kenntnis von neuen tatsächlichen Umständen, bei einer anderen Rechtsauffassung oder bei einer zwischenzeitlich geänderten obergerichtlichen Rechtsprechung in Betracht. Bloße Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung reichen nicht aus.[11] Eine Abänderungspflicht kann sich auch aus einer Veränderung sonstiger Umstände ergeben, z.B., wenn durch einen neuen Antrag ein durch eine Zwischenverfügung aufgezeigtes Eintragungshindernis ausgeräumt und damit ein früher Antrag vollzugsfähig gemacht wird.[12] Das Grundbuchamt hat ebenso wie das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung auch neue Tatsachen und Beweise zu berücksichtigen (vgl. § 74 GBO Rdn 9 ff.).[13]

 

Rz. 9

Gegenstand des Abhilfeverfahrens ist ausschließlich der erstinstanzliche Verfahrensgegenstand, nicht indes ein mit der Beschwerde erstmals gestellter Hilfsantrag.[14] Wird mit der Beschwerde ein völlig neuer Antrag gestellt (siehe § 74 GBO Rdn 5 ff.), so hat das Grundbuchamt hierüber so zu entscheiden, als wenn kein Rechtsmittel eingelegt worden wäre. Eine Abhilfe ist nicht mehr möglich, wenn der Eintragungsantrag durch eine inzwischen veränderte Grundbuchlage gegenstandslos geworden ist. Über eine dem Grundbuchamt von dem Beschwerdegericht zur Prüfung der Abhilfe vorgelegte Beschwerde, die einen einheitlichen Antrag enthält, muss bei der Abhilfe in vollem Umfang entschieden oder ganz von einer Entscheidung abgesehen werden.[15]

[7] KG FGPrax 2020, 54; OLG Köln v. 20.1.2010 – 2 Wx 109/09, juris; Meikel/Schmidt-Räntsch, § 75 Rn 8.
[8] Bauer/Schaub/Sellner, § 75 Rn 6; Demharter, § 75 Rn 6; Hügel/Kramer, § 75 Rn 8; Kramer, FGPrax 2021, 95; a.A. BGH FGPrax 2021, 48, für das Abhilfeverfahren gem. § 68 Abs. 1 S. 1 FamFG.
[9] Bauer/Schaub/Sellner, § 75 Rn 6, Hügel/Kramer, § 75 Rn 8.
[10] Bauer/Schaub/Sellner, § 75 Rn 6; Hügel/Kramer, § 75 Rn 10.
[11] Demharter, § 75 Rn 8; Meikel/Schmidt-Räntsch, § 75 Rn 4.
[13] KG FGPrax 2020, 245; KG FGPrax 2021, 193; OLG München v. 12.1.2017 – 34 Wx 11/17, juris; OLG München NotBZ 2014, 115.
[14] Vgl. BGH Rpfleger 2007, 188; Meikel/Schmidt-Räntsch, § 75 Rn 3.
[15] KGJ 43, 245.

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