Rz. 14

Nur mit gewissen Einschränkungen zulässig ist die Eintragung eines Amtswiderspruchs in den nachfolgend genannten Fällen:

aa) Eine Eintragung einer Vormerkung ist dem Amtswiderspruch nur insoweit zugänglich, als auf ihrer Grundlage der Erwerb durch einen Dritten kraft öffentlichen Glaubens möglich ist,[39] d.h. soweit die Gefahr eines gutgläubigen Zweiterwerbs der Vormerkung[40] besteht.[41] Voraussetzung ist demnach, dass der vorgemerkte Anspruch besteht, das Grundbuch aber aus einem anderen Grund (etwa, weil die zur Entstehung der Vormerkung materiell-rechtlich erforderliche Bewilligung des Berechtigten fehlt oder weil ein Nichtberechtigter die Vormerkung zugunsten eines bösgläubigen Erwerbers bewilligt hat) unrichtig ist.[42]
bb) Die Löschung von Vormerkungen und Verfügungsbeschränkungen unterliegt in vollem Umfang dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs und kann daher stets Gegenstand eines Amtswiderspruchs sein.[43] Umstritten ist, ob dies auch für die Löschung eines Widerspruchs gilt.[44] Dies ist in Hinblick darauf zu bejahen, dass der Widerspruch gegenüber demjenigen, der die Rechtswidrigkeit der Löschung kennt, seine Wirkung behält.[45] Geht man hiervon aus, ist auch insoweit eine Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs entgegen des zu Unrecht gelöschten Widerspruchs nicht ausgeschlossen, so dass eine Anwendung des § 53 GBO geboten ist.
cc) Umstritten ist die Teilnahme sog. verdinglichter Vereinbarungen (siehe § 1 Einl. Rdn 56), z.B. nach § 2 ErbbauRG oder § 10 Abs. 2 WEG am Schutz des guten Glaubens; mithin also solcher Abreden, die zum dinglichen Inhalt des Erbbaurechts oder des Sondereigentums gemacht werden, obgleich sich die Regelungen im Grundsatz als schuldrechtlich erweisen.[46] Da sich der Gutglaubensschutz nach §§ 892, 893 BGB im Zweifel nicht nur auf den Bestand, sondern auch auf den gesamten Inhalt des Rechts bezieht, wird man grundsätzlich von deren Anwendbarkeit ausgehen müssen, sofern die Vereinbarung nicht (für jedermann) erkennbar gesetzwidrig ist.[47] Jedenfalls im Rahmen der Frage nach der Zulässigkeit der Eintragung eines Amtswiderspruchs wird man hier großzügig verfahren müssen, um einen effektiven Rechtsschutz für den von der Unrichtigkeit Betroffenen (und die sichere Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen) zu gewährleisten.
dd) Nicht eintragungsbedürftige, aber eintragungsfähige Rechte, z.B. Sicherungshypotheken nach § 1287 S. 2 BGB oder § 848 Abs. 2 ZPO, altrechtliche Dienstbarkeiten[48] und Fischereirechte (etwa nach dem BayFiG), sind positiv (gutgläubiger Erwerb des eingetragenen Rechts) wie auch negativ (gutgläubig lastenfreier Erwerb nach Löschung des Rechts) dem öffentlichen Glauben zugänglich, so dass hier ebenfalls § 53 Abs. 1 S. 1 GBO anwendbar ist.
ee) Zulässig ist der Amtswiderspruch gleichermaßen gegen die Eintragung nicht übertragbarer Rechte (z.B. einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit), weil zwar die Gefahr des § 892 Abs. 1 BGB hier ausgeschlossen sein mag,[49] der Widerspruch aber jedenfalls zur Abwehr der von § 893 BGB (schuldbefreiende Leistung an den eingetragenen Berechtigten) und § 900 BGB (Ersitzung durch den eingetragenen Berechtigten) ausgehenden Gefahren erforderlich ist.[50]
ff) Schließlich kann in gewissen Fällen eine Eintragung aufgrund einer fehlerhaften Rangbestimmung oder unter Missachtung einer von den Betroffenen getroffenen Rangbestimmung zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs (und damit auch zur Anwendung des §§ 892 f. BGB) führen.[51]
[39] BayObLGZ 1999, 226; Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 25.
[40] Hierzu: BGHZ 25, 16, 23 = NJW 1957, 1229; BGH NJW 1994, 2947; Staudinger/Picker, BGB, § 892 Rn 58 ff.
[41] Eingehend und mit zahlreichen Einzelnachweisen: Meikel/Schneider, § 53 Rn 49.
[42] BayObLGZ 1999, 226.
[43] RGZ 129, 184, 185; 132, 419, 423 f.; BGHZ 60, 46 = NJW 1973, 323; OLG München Rpfleger 2014, 418; OLG Hamm FGPrax 2015, 13; Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 26; Meikel/Schneider, § 53 Rn 50.
[44] Dafür: KG HRR 1933 Nr. 1131; BayObLG Rpfleger 1976, 421; eingehend: Meikel/Schneider, § 53 Rn 50; a.A. Staudinger/Picker, BGB, § 899 Rn 40 m.w.N; MüKo-BGB/Schäfer, § 899 Rn 6.
[45] Meikel/Schneider, § 53 Rn 50.
[46] Hierzu eingehend: Meikel/Schneider, § 53 Rn 51 ff.
[47] Ausf.: Meikel/Schneider, § 53 Rn 54 ff. (auch zum Fall eines Verstoßes gegen §§ 307 ff. BGB).
[48] BGHZ 104, 139, 142 = DNotZ 1989, 146; BayObLGZ 1995, 413, 419; Meikel/Schneider, § 53 Rn 56.
[49] Anders jedoch in den Fällen der §§ 1092 Abs. 2, 3, 1059a BGB, vgl. Bassenge, NJW 1996, 2777; Meikel/Schneider, § 53 Rn 60.
[50] Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 29; Eickmann, RpflStud 1984, 1, 7; Staudinger/Picker, BGB, § 899 Rn 7 ff.; Meikel/Schneider, § 53 Rn 60; a.A. KG Rpfleger 1975, 68.
[51] Die Einzelheiten sind teils umstritten, hierzu insgesamt näher: Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 32 ff. m.w.N.

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