Gesetzestext

 

(1) Soll bei einem zum Nachlass oder zu dem Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehörenden Grundstück oder Erbbaurecht einer der Beteiligten als Eigentümer oder Erbbauberechtigter eingetragen werden, so genügt zum Nachweis der Rechtsnachfolge und der zur Eintragung des Eigentumsübergangs erforderlichen Erklärungen der Beteiligten ein gerichtliches Zeugnis. Das Zeugnis erteilt

1. das Nachlassgericht, wenn das Grundstück oder das Erbbaurecht zu einem Nachlass gehört,
2. das nach § 343 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständige Amtsgericht, wenn ein Anteil an dem Gesamtgut zu einem Nachlass gehört, und
3. im Übrigen das nach § 122 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständige Amtsgericht.

(2) Das Zeugnis darf nur ausgestellt werden, wenn:

a) die Voraussetzungen für die Erteilung eines Erbscheins vorliegen oder der Nachweis der Gütergemeinschaft durch öffentliche Urkunden erbracht ist und
b) die Abgabe der Erklärungen der Beteiligten in einer den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechenden Weise dem nach Absatz 1 Satz 2 zuständigen Gericht nachgewiesen ist.

(2a) Ist ein Erbschein über das Erbrecht sämtlicher Erben oder ein Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft erteilt, so ist auch der Notar, der die Auseinandersetzung vermittelt hat, für die Erteilung des Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 1 zuständig.

(3) Die Vorschriften über die Zuständigkeit zur Entgegennahme der Auflassung bleiben unberührt.

A. Allgemeines

I. Zweck der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 36 GBO erleichtert für das Grundbuchamt die Auseinandersetzung von Erben- und Gütergemeinschaften, indem es bei Vorlage eines Zeugnisses weder die Rechtsnachfolge noch die zur Auseinandersetzung nötigen Erklärungen der Beteiligten zu prüfen hat.

Den Beteiligten selbst bringt das Zeugnis aber selten einen Mehrwert: Die zugrundeliegenden (und zu beschaffenden) Nachweisdokumente sind dieselben wie für einen Erbschein. Dafür bekommen die Antragsteller beim Erbschein einen umfassendes, auch gegenüber Banken und andere Stellen verwendbares Nachweisdokument. Die vormalige Kostenprivilegierung des § 111 KostO ist entfallen. Die Beteiligten sparen damit auch keine Gebühren.[1] Dementsprechend ist der Anwendungsbereich der Norm eher gering. In der jüngsten Entscheidung des OLG Frankfurt[2] wird sie als einer (von mehreren), aber insgesamt gescheiterten Versuchen angeführt, um einen Nacherbenvermerk zu löschen. Im Sachverhalt einer Entscheidung des KG[3] sollten zwei Erbfälle in einem Zeugnis zusammengefasst werden.

 

Rz. 2

Die Norm wurde zuletzt durch das FGG-Reformgesetz geändert, durch das Gesetz zur Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare sowie durch das DaBaGG.

[1] Hügel/Zeiser, GBO, § 36 Rn 16.

II. Recht des Antragstellers

 

Rz. 3

Das Grundbuchamt kann das Zeugnis nicht fordern. Ob der Antragsteller den Weg des § 36 GBO beschreiten will oder nicht, steht in seiner freien Entscheidung.

Die Bestimmung ist auch anwendbar, wenn die Auseinandersetzung durch einen Testamentsvollstrecker vorgenommen wird.

B. Voraussetzungen

I. Grundstück oder Erbbaurecht

 

Rz. 4

Es muss sich um ein Grundstück oder Erbbaurecht handeln. Gleichzustellen sind Miteigentumsbruchteile, auch Wohnungseigentum und Teileigentum, und die Gesamthandsberechtigung an einem solchen Eigentumsbruchteil.[4] Für Grundpfandrechte gilt dasselbe wegen § 37 GBO. Für Reallasten, vererbliche Vorkaufsrechte und Pfandrechte an Grundpfandrechten oder Vormerkungen besteht keine Option eines Überweisungszeugnisses.[5]

[4] KG JFG 21, 233.
[5] Hügel/Zeiser, GBO, § 36 Rn 1.

II. Zugehörigkeit zum Nachlass oder Gesamtgut

 

Rz. 5

a) Die Bestimmung kommt zur Anwendung, wenn es sich um den Nachlass einer Erbengemeinschaft oder das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft handelt. Keine Anwendung ist möglich auf den Alleinerben oder alleinigen Vorerben,[6] hier ist eine Auseinandersetzung nicht denkbar. Eine Auseinandersetzung liegt auch nicht vor, wenn dieselbe Person zugleich partiell Vorerbe, im restlichen Anteil Vollerbe ist.[7] Eine analoge Anwendung auf die Auseinandersetzung einer GbR scheidet gleichfalls aus; dafür fehlt es schon an jeder Zuständigkeit zur Erteilung.

 

Rz. 6

Jedoch genügt es, wenn zur Zeit der Auseinandersetzung das Grundstück einer Erbengemeinschaft gehört; unerheblich ist, ob zwischen ihr und dem eingetragenen Eigentümer andere Personen, auch Einzelpersonen, als Zwischeneigentümer stehen.[8] Zum Nachlass gehört alles, was dem Erblasser gehört hat, sowie weiter Grundstücke, die im Wege der Surrogation (§ 2041 Abs. 2 BGB) oder vom Erbschaftsbesitzer mit Mitteln der Erbschaft (§ 2019 BGB) erworben wurden.

 

Rz. 7

b) Was zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft gehört, ist im materiellen Recht geregelt (§§ 1416 ff. BGB). Gesamtgut kann das einer ehelichen oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft sein.

[6] KG JFG 14, 137.
[8] KG JFG 18, 32; KG ZEV 2020, 171.

III. Umschreibung auf einen Beteiligten

 

Rz. 8

a) Beteiligte am Nachlass sind nur Erben, Erbeserben sowie Erbteilser...

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