Rz. 119

Wahrung der vorgeschriebenen Form. Auch hier ist wieder zu unterscheiden zwischen bewirkenden und bezeugenden Urkunden.

 

Rz. 120

Bei der Ausstellung von bewirkenden Urkunden durch Behörden gilt für die Urkunde die verwaltungsrechtlich vorgeschriebene Form, erleichtert durch die Formvorschrift des Abs. 3. Diese Form ersetzt die der öffentlichen Beglaubigung, gleichgültig, ob die Urkunde nach ihrem Inhalt zum hoheitlichen oder privatrechtlichen Tätigkeitsbereich der Behörde gehört.[310] Dies gilt auch für die Erteilung von Untervollmachten an Mitarbeiter.[311]

Auch Urkunden, die der mit Ausübung der vormundschaftlichen Obliegenheiten nach § 59 SGB VIII befasste Beamte des Jugendamtes errichtet, sind dem Jugendamt als Amtsvormundschaft zuzurechnen und bedürfen nicht der öffentlichen Beglaubigung.[312]

 

Rz. 121

Die Bestimmung des Abs. 3 soll dem GBA die schwierige Prüfung ersparen, ob bei Behörden die Form der öffentlichen Urkunde gewahrt ist. Sie gilt daher nur und ausschließlich für das Grundbuchverfahren. Daraus ergibt sich umgekehrt, dass die Form des Abs. 3 auch dann einzuhalten ist, wenn die Erklärung der Behörde im sonstigen Rechtsverkehr auch ohne Siegel oder Stempel eine öffentliche Urkunde darstellt.[313]

Abs. 3 ersetzte die Bestimmung des Art. 9 PrAG GBO, was bei der Auslegung zu berücksichtigen ist. Art. 9 PrAG GBO verlangte die "ordnungsgemäße" Unterschrift mit der Folge, dass die Prüfung der Zahl der Unterschriften notwendig war. Diese Prüfung ist schwierig und vom GBA kaum zu vollziehen. Es genügt daher nunmehr eine Unterschrift; das GBA kann davon ausgehen, dass eine öffentliche Behörde von sich aus ihre Erklärungen mit der erforderlichen Zahl von Unterschriften versieht.[314]

 

Rz. 122

Um die Voraussetzungen des Abs. 3 zu erfüllen, müssen zwei Tatbestandsmerkmale erfüllt sein:

Erforderlich ist, dass die Urkunde mit einer Unterschrift versehen ist. Die Unterzeichnung durch einen Kanzleibeamten mit dem Vermerk "beglaubigt durch […]" genügt nicht, da aus der Form der Unterzeichnung hervorgeht, dass ein nichtvertretungsberechtigter Beamter die Urkunde unterzeichnet.[315] Noch dazu deckt der Vermerk ja nicht die eigentliche Erklärung der Urkunde.

 

Rz. 123

Vorgeschrieben sind weiter Siegel oder Stempel der Behörde, sofern nicht das Siegel ohnehin schon vorgedruckt ist oder drucktechnisch erzeugt wird (§ 29 Abs. 3 S. 2 GBO). Für das Siegel genügen Prägesiegel oder Farbdruckstempel. Ein "Zusammennähen" mehrblättriger Erklärungen verlangt § 29 Abs. 3 GBO nicht, und zwar umso weniger, wenn sich der Zusammenhang aus dem fortlaufenden Text der Erklärung ergibt. Die Beidrückung des Siegels begründet für das GBA schlechthin die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit der Erklärung, d.h. auch der Vertretungsbefugnis der Unterzeichner, sofern die Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt hat.[316] Die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner darf in diesem Fall nur in Zweifel gezogen werden, wenn tatsächlich Anhaltspunkte für den Mangel der Vertretungsbefugnis des Unterzeichners bestehen.[317]

 

Rz. 124

Die Ergänzung der Norm (§ 29 GBO) um Abs. 3 S. 2 (Zulassung voreingedruckter oder drucktechnisch erzeugter Siegel) ist die gesetzliche Korrektur einer vorherigen Aussage des BGH, der aus Sicherheitsaspekten heraus ein jeweils individuell angebrachtes Siegel verlangt hatte.[318] Die damit einhergehenden Arbeitsabläufe waren der behördlichen Verwaltung offenbar zu aufwendig und nicht mehr zeitgemäß. Die Novelle als solche ist für die Praxis handhabbar und dürfte nicht zu Anwendungs- oder Auslegungsstreitigkeit führen. Rechtspolitisch bedenklich erscheint aber, wie schnell Sicherheitsaspekte einem Streben nach Verfahrensverschlankung untergeordnet werden.[319]

 

Rz. 125

Für die Form bezeugender Urkunden gelten nunmehr allgemein die Vorschriften des BeurkG vom 28.8.1969.[320] Diese Formvorschriften gelten für alle Personen und Stellen, die im Einzelfall neben den Notaren zur Beurkundung zuständig sind (§ 1 Abs. 2 BeurkG).

Die Form der notariellen Beurkundung, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben ist, muss auch dann eingehalten werden, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts bei der Abgabe der Erklärung gesetzlich durch eine Behörde vertreten wird, da auch diese Personen, wenn sie am bürgerlichen Rechtsverkehr teilnehmen, den Vorschriften des bürgerlichen Rechts unterliegen.[321] Bei der Beurkundung muss das Dienstsiegel der als Beteiligter mithandelnden Behörde nicht beigefügt werden (§ 67 BeurkG). Wird in einer notariellen Urkunde den Unterschriften der für die Behörde handelnden Personen lediglich das Dienstsiegel beigefügt, dann liegt darin weder eine Erklärung nach Abs. 3 noch ein Nachweis ihrer Vertretungsmacht.[322]

Die notarielle Beglaubigung der Unterschriften der Unterzeichner ersetzt die für die Erklärung juristischer Personen des öffentlichen Rechts vorgeschriebene Beidrückung des Siegels (Abs. 3) nicht.[323] Wird die Behörde von einem rechtsgültig privatrechtlich Bevollmächtigten vertreten, so ist jedoch um...

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