Rz. 37

Im Gegensatz zur rein verfahrensrechtlichen Bewilligung des § 19 GBO handelt es sich bei der in § 26 GBO in den Blick genommenen Erklärung um die empfangsbedürftige, materiell-rechtliche Abtretungs- oder Belastungserklärung des Rechtsinhabers oder desjenigen, der anstelle des Rechtsinhabers verfügungsbefugt ist.[64] Für sie sollen nach der Ansicht des BGH neben den Vorschriften des materiellen Rechts besondere Grundsätze und Mindestanforderungen gelten, weil sie geeignet sein muss, den öffentlichen Glauben des Grundbuchs zu ersetzen (§ 1155 BGB).[65]

 

Rz. 38

Eine Trennung zwischen der "Transportfunktion" (als materielle Erklärung) und der "Gutglaubensfunktion" (oder "Öffentlichen-Glaubens-Funktion", siehe § 1 Einl. Rdn 12) der Abtretungserklärung kann nach Ansicht des BGH nicht erfolgen. Das ist fraglich, da nach § 1154 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB die privatschriftliche Abtretungserklärung zwar für den Eintritt der Rechtsänderung genügt, aber für sich genommen gerade keinen öffentlichen Glauben besitzt, der Anlass für die Erhöhung der inhaltlichen Anforderungen mithin erst dann eintritt, wenn die Abtretungserklärung auch die Aufgabe des Trägers des öffentlichen Glaubens übernehmen soll. Der BGH leitet den Ansatz, dass schon für die schriftliche Erklärung dieselben Anforderungen gelten sollen, daraus her, dass ein Anspruch auf öffentliche Beglaubigung der Abtretungserklärung besteht.[66] Diese Argumentation berücksichtigt aber nicht, dass eben schon die bloß schriftliche Erklärung das Recht (bei der Hypothek mit der Forderung das Recht) überträgt (wenn sie angenommen und der Brief übergeben wurde), ohne dass sich die Frage nach dem öffentlichen Glauben (§ 1155 S. 1 BGB) überhaupt stellt.

 

Rz. 39

Es kann daher für die Wirksamkeit der materiell-rechtlichen Abtretung allein darauf ankommen, dass die Vorgaben des materiellen Rechts über die Abtretung eingehalten sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass richtigerweise auch eine Abtretung unter einer Bedingung oder Befristung zulässig ist, unabhängig davon, ob der Nachweis über den Eintritt gegenüber dem Grundbuchamt gelingt (siehe Rdn 17 f.). Dabei ist jedoch zu bedenken, dass es sich bei der Abtretung gleichwohl um eine Verfügung handelt,[67] so dass auch insoweit die sachenrechtlichen Grundsätze über die Bestimmtheit Anwendung finden. Vor diesem Hintergrund dürfte anzunehmen sein, dass sich in der Praxis keine divergierenden Beurteilungen zwischen der Zulässigkeit zum Grundbuchverkehr und der als materielle Erklärung ergeben. So geht der BGH bereits für das materielle Recht davon aus, dass sich die Bestimmbarkeit aus tatsächlichen Gründen ergeben muss und daher eine Unterscheidung allein nach rechtlichen Aspekten unzulässig ist.[68] Wird jedoch der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt, ist materiell-rechtlich die Übertragung jedenfalls wirksam, auch wenn im Einzelfall die Urkunde aus Sicht des Grundbuchamts nicht ausreichend bestimmbar ist. Es gelten insoweit keine anderen Grundsätze als bei einer Bedingung oder Befristung (siehe Rdn 17 f.). Es besteht allerdings ein Anspruch gegen den vormaligen Anspruchsinhaber darauf, eine entsprechende Erklärung auszustellen oder an dieser mitzuwirken, um die Eintragungsfähigkeit im Grundbuch sicherzustellen.[69]

[64] Meikel/Böttcher, § 26 Rn 36; Bauer/Schaub/Schäfer, § 26 Rn 34.
[65] BGH Rpfleger 1974, 351 = BeckRS 1974, 31124044; Rpfleger 1989, 449 = DNotZ 1990, 737, 738; Rpfleger, 1992, 99 = MittBayNot 1991, 254 (da die schriftliche Abtretungserklärung die Grundbucheintragung ersetzt, müssen die Erklärung der Abtretung sowie die Bezeichnung der Grundschuld, des Zedenten und des Zessionars darin selbst enthalten sein); NJW-RR 1997, 910 = Rpfleger 1997, 255.
[66] BGH Rpfleger 1989, 449 = DNotZ 1990, 737, 738.
[67] Staudinger/Busche, § 398 Rn 1; MüKo-BGB/Kieninger, § 398 Rn 2; BeckOGK BGB/Lieder, § 398 Rn 1; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, 2015, 112.
[68] BGH NJW 2023, 1053, 1054 f.
[69] BGH Rpfleger 1989, 449 = DNotZ 1990, 737, 738.

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