Rz. 121

Scheidet die Möglichkeit einer Klage aus, z.B. weil ein inexistenter Berechtigter eingetragen (also niemand nach § 894 BGB passivlegitimiert) ist, so sollen ausnahmsweise auch in anderer Form vorgebrachte Umstände berücksichtigt werden können, da andernfalls keine Möglichkeit bestünde, die Eintragung aus dem Grundbuch zu entfernen.[293] In Betracht soll auch eine Löschung wegen Gegenstandslosigkeit kommen (vgl. Rdn 123).[294] Die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 GBO scheidet hingegen aus, da ein gutgläubiger Erwerb von einer eingetragenen inexistenten Person nicht möglich ist.[295] Auch ein Aufgebotsverfahren oder die Bestellung eines Pflegers führen insoweit regelmäßig nicht zum Erfolg.[296]

 

Rz. 122

Handelt es sich um eine Briefgrundschuld für einen vermeintlich nicht existenten Gläubiger, so muss für eine Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO grundsätzlich dem GBA nachgewiesen werden, dass der eingetragene Gläubiger tatsächlich nicht existiert.[297] Gleichwohl wird teilweise vertreten, dass die Briefvorlage durch den Eigentümer mit der Behauptung, dass nach §§ 1192 Abs. 1, 1163 Abs. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB eine Eigentümergrundschuld bestehe, als Nachweis der Unrichtigkeit ausreiche.[298] In einem solchen Fall sei in der Konsequenz eine Bewilligung des eingetragenen Gläubigers nicht mehr erforderlich, sondern es genüge der Antrag sowie die Zustimmung des Eigentümers.[299] Dies überzeugt allerdings nicht. Selbst wenn man im Umkehrschluss zu § 1117 Abs. 3 BGB hierin eine Vermutung dafür erblickt, dass der Grundschuldbrief nicht an den Gläubiger ausgehändigt wurde,[300] genügt dies aber nicht für den Nachweis der Unrichtigkeit der bestehenden eingetragenen Lage im Grundbuch. Um die Anforderungen des § 22 Abs. 1 GBO zu wahren, ist es nötig, dass sämtliche Umstände, die die Richtigkeit des Grundbuchs begründen können, widerlegt werden, was allein durch eine Vermutung nicht geleistet wird.[301] Vor diesem Hintergrund kann auf eine Löschungsbewilligung des eingetragenen Gläubigers oder weitere Nachweise für dessen mangelnde Existenz grundsätzlich[302] auch dann nicht verzichtet werden, wenn der Grundstückseigentümer über den Brief verfügt.

[293] KG NJW-RR 1998, 447 = FGPrax 1997, 212; siehe auch: BayObLGZ 1991, 301, 305 = Rpfleger 1992, 19, 20: Ein Festhalten an § 29 Abs. 1 GBO dürfe nicht dazu führen, dass kein Weg zur Berichtigung mehr verbleibe.
[294] Böhringer, NotBZ 2007, 189, 191 (für die anfängliche Nichtexistenz); Dümig, ZfIR 2005, 240.
[295] Böhringer, NotBZ 2007, 189, 190 f.
[296] Böhringer, NotBZ 2007, 189, 191.
[298] So Staudinger/Wolfsteiner, BGB, § 1117 BGB Rn 18; a.A. MüKo-BGB/Lieder, § 1117 Rn 32 a.E.; OLG Hamm IBRRS 2006, 1207.
[299] Staudinger/Wolfsteiner, BGB, § 1117 BGB Rn 18; nur für einen Sonderfall ebenso: OLG Frankfurt ZfIR 2005, 254, 256 f.
[300] So OLG Rostock BeckRS 2016, 15061 Rn 9; anders aber BeckOGK BGB/Kern, § 1117 Rn 55.
[301] So auch MüKo-BGB/Lieder, § 1117 Rn 32.
[302] Die Entscheidung des OLG Frankfurt (ZfIR 2005, 254, 256) behandelt einen Sonderfall, in dem bei der Bestellung der Grundschuld bestimmt wurde, dass der Brief nur an den Notar ausgehändigt werden darf. Zwar schließt dies nicht notwendigerweise auch eine materielle Einigung nach § 1117 Abs. 2 BGB über die Übergabe unmittelbar an den Gläubiger aus, in einer solchen abweichenden materiellen Vereinbarung kann allerdings ein ganz fernliegendes Hindernis erblickt werden, das das OLG Frankfurt zu Recht außer Betracht gelassen hat.

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