Rz. 35

Gemäß § 19 GBO legitimiert sich die Grundbucheintragung durch die einseitige Erklärung des von ihr "Betroffenen". Betroffen ist jede Person, deren grundbuchmäßiges Recht durch die bewilligte Eintragung rechtlich – nicht nur wirtschaftlich – (unmittelbar oder mittelbar) beeinträchtigt oder nachteilig berührt wird oder bei der dies nicht auszuschließen ist.

 

Rz. 36

Ist die Rechtsbeeinträchtigung nicht rechtlicher Natur, sondern lediglich tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art oder macht das Gesetz eine Ausnahme von der materiellen Zustimmungspflicht oder von der formellen Bewilligungspflicht (z.B. bei § 21 GBO oder § 5 Abs. 4 S. 2 WEG), so darf das GBA eine Bewilligung dieser Person nicht verlangen.

 

Rz. 37

Ob sich das grundbuchmäßige Recht im Sinne des § 19 GBO verbessert oder verschlechtert, ist regelmäßig[66] nach der durch die Eintragung entstehenden Buchposition zu beurteilen,[67] da jede Eintragung auf jeden Fall eine Veränderung der Buchposition zur Folge hat.

 

Rz. 38

Der Betroffene steht im Gegensatz zum Begünstigten, der die Eintragung gerade nicht bewilligen muss. Für die Frage, wer durch die Eintragung ausschließlich begünstigt ist, müssen – ähnlich (nicht identisch!) wie in § 107 BGB – Erwägungen außer Betracht bleiben, ob der Erwerber öffentliche Lasten oder dingliche Rechte (die bereits bestehen oder neu bestellt werden) übernimmt oder ob der Erwerber durch das schuldrechtliche Grundgeschäft oder durch ein das dingliche Recht begleitendes gesetzliches Schuldverhältnis[68] nicht nur Vorteile erhält, sondern auch Verpflichtungen übernimmt.

 

Rz. 39

Für die Anwendbarkeit des § 19 GBO genügt es auch, wenn ein Recht durch die Änderung bei einem anderen und damit nur mittelbar beeinträchtigt wird. Dazu gehören zwei Gruppen:[69]

materiell-rechtliche Zustimmungsberechtigungen, die zur Rechtsänderung notwendig sind (z.B. §§ 876, 880 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 2 S. 1, 1183 BGB; über § 876 BGB auch §§ 877, 880 Abs. 3 BGB und § 26 ErbbauRG), da diese Vorschriften neben ihrer materiellen auch eine verfahrensrechtliche Bedeutung haben; § 21 GBO bleibt unberührt;
gleich- oder nachrangige Rechte, wenn der Umfang eines vor- oder gleichrangigen Rechts erweitert oder wenn der Inhalt der Belastung verstärkt und dadurch die Haftung des Grundstücks verschärft werden soll.[70]
 

Rz. 40

Ist die Zustimmung eines mittelbar Betroffenen trotz seiner möglichen Beeinträchtigung materiell-rechtlich nicht erforderlich, so braucht er die entsprechende Eintragung auch im Grundbuchverfahren nicht zu bewilligen:

§ 1119 Abs. 1 BGB: Erhöhung des Zinssatzes bis zu insgesamt 5 % bei Grundpfandrechten, auch rückwirkende Erhöhung; dies gilt nicht für andere Nebenleistungen.[71]
§ 1119 Abs. 2 BGB: Änderung von Zahlungszeit oder Zahlungsort bei Grundpfandrechten und anderen dinglichen Rechten.
§§ 1186, 1198, 1203 BGB: Umwandlung von Grundpfandrechten aller Art; ist das umgewandelte Recht z.B. mit Pfandrecht oder Nießbrauch belastet, ist die Zustimmung dieses Berechtigten nötig (§§ 877, 876 BGB).
§ 1151 BGB lässt Rangänderung bei Forderungs- und Hypothekenteilung ohne Zustimmung des Eigentümers zu; gilt auch für Grund- und Rentenschulden.[72]
Ungeachtet des Rangklassenprivilegs für Wohngeldansprüche (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) bedarf die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zustimmung der Gläubiger, deren Grundpfandrechte auf dem ganzen Grundstück lasten.[73]
[66] Anders (nur) bei der bis zum 31.12.2023 (Inkrafttreten des MoPeG, BGBl I 2021, 3436) notwendigen Grundbuchberichtigung beim Tod eines GbR-Gesellschafters, BGH NJW-RR 2022, 1241.
[67] OLG München FGPrax 2015, 250; Bestelmeyer, FGPrax 2015, 153.
[68] Vgl. MüKo-BGB/Mohr, § 1018 Rn 10 ff.
[69] Meikel/Böttcher, § 19 Rn 40; Demharter, § 19 Rn 52 ff.
[70] BayObLG BayObLGZ 1959, 529 = NJW 1960, 1115.
[71] Grüneberg/Herrler, § 1119 Rn 1; Haegele, Rpfleger 1971, 237.
[72] Grüneberg/Herrler, § 1151 Rn 3.

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