Rz. 1

Mehrere miteinander kollidierende Anträge dürfen vom GBA nicht in beliebiger (willkürlicher) Reihenfolge abgearbeitet werden, sondern strikt in der Reihenfolge ihres Eingangs. Wenngleich gewisse Schutzlücken bleiben (siehe Rdn 2), wird damit zum Schutz des Antragstellers[1] seine Eintragung und der ihr letztlich zukommende Rang unabhängig von der konkreten Bearbeitungsdauer des GBA gewährleistet. Daraus folgt e contrario zugleich die Berechtigung des GBA, den täglichen Posteinlauf – in der Summe betrachtet – anders als in der Eingangsreihenfolge abarbeiten zu dürfen, etwa Anträge mit schwierigen Rechtsfragen nachrangig, wirtschaftlich dringliche Anträge (Auflassungsvormerkungen, Grundschulden) vorrangig zu bearbeiten. Soweit eben nicht dasselbe Recht betroffen ist (was bezogen auf die Gesamtmenge des täglichen Posteingangs im Grundbuchamt bei weitem der häufigere Fall sein dürfte), steht die Bearbeitungsreihenfolge im Ermessen des GBA.

Aus § 17 GBO folgt zudem, dass im Grundbuchverfahren kein "Ruhen des Verfahrens" zulässig ist,[2] weil damit auch nachfolgende Anträge zwangsläufig ruhend gestellt wären.

 

Rz. 2

Schutzlücken bleiben,

weil der Zeitrang des § 17 GBO bei einer Zurückweisung des früheren Antrags verlorengeht, selbst wenn die Zurückweisung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben wird;[3]
weil bei einer Missachtung der Norm nach h.M. der Rangvorteil des späteren Antragstellers nicht vom früheren (an sich ja besser berechtigten) Antragsteller kondiziert werden kann. Immerhin bestehen in diesem Fall Schadenersatzansprüche gegen den Staat aus § 839 BGB: Die Einhaltung der Norm ist zwingende Amtspflicht;[4] die Vertragsgestaltung muss solche – empirisch auch äußerst seltenen – Fehler nicht einkalkulieren.[5]
Weil nach herrschender Praxis nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Vollzugshindernisse ungeachtet des § 17 GBO auch gegenüber früherer Antragstellung beachtlich sein können und dann die Zurückweisung rechtfertigen.
 

Rz. 3

Infolge der strikt vorgegebenen Erledigungsreihenfolge können, über § 892 Abs. 2 BGB hinaus (der aber gleichfalls Hinweis dafür ist, dass es für die Wirkungen der Eintragung nach der gesetzlichen Wertung nicht auf die Bearbeitungsdauer des GBA ankommen soll), weitere Rechtswirkungen auf den Zeitpunkt des Antragseingangs vorverlegt werden, so beim Schenkungsvollzug (§ 529 BGB).[6] Anders – aber falsch – entscheidet der BGH bei den Fristen der Insolvenz- und Vollstreckungsanfechtung wegen der noch bestehenden Rücknahmemöglichkeit des § 24 Abs. 3 BNotO.[7] Dabei übersieht er die Einbettung dieser Norm in die notariellen Amtspflichten: Die Rücknahmeberechtigung kann das Gesetz dem Notar nur deswegen verleihen, weil er aufgrund seiner Amtspflicht hiervon gerade keinen willkürlichen Gebrauch machen darf, insbesondere nicht zur Verhinderung eines möglichen und aussichtsreichen Vollzugs.[8]

 

Rz. 4

Die Bestimmung löst zugunsten des Zeitranges zwei Kollisionen:

Besteht zwischen den mehreren Eintragungen ein Rangverhältnis, so sichert § 17 GBO den richtigen Rang. Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten bestimmt sich nach der Eintragung im Grundbuch (§ 879 BGB). Die Eintragungen haben aber die Reihenfolge zu erhalten, welche der Zeitfolge der Anträge entspricht (§ 45 GBO), soweit die Beteiligten nicht Abweichendes bestimmt haben. Für den Fall, dass die mehreren Anträge das gleiche Recht betreffen, sichert § 17 GBO die richtige Rangeintragung auch dann, wenn für den Vollzug des früher gestellten Antrags ein Hindernis besteht.
Besteht ein solches Rangverhältnis nicht, so kann die Zulässigkeit der früher beantragten Eintragung durch die Vollziehung der späteren ausgeschlossen sein oder umgekehrt. Für diesen Fall gibt die Bestimmung dem früher eingegangenen Antrag den Vorrang mit der Folge, dass dem zweiten Antrag der Boden entzogen ist.
[1] Bauer/v. Oefele/Wilke, Rn 2, weist § 17 GBO deswegen auch einen grundrechtlichen Einschlag aus Art. 14 GG zu.
[2] OLG München FGPrax 2019, 44; OLG Karlsruhe FGPrax 2022, 243.
[3] Vgl. Dressler-Berlin, FGPrax 2020, 98.
[4] Instruktiv: OLG Köln Rpfleger 1980, 222.
[5] Etwa Adam, NJW 2016, 3484, 3486.
[8] Zu Recht abl. auch: Amann, DNotZ 2010, 246. BGH NZI 2010, 190 erwähnt diese Einschränkung nicht (mehr?).

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