Gesetzestext

 

Eine Eintragung in das Grundbuch ist nicht aus dem Grunde unwirksam, weil derjenige, der sie bewirkt hat, von der Mitwirkung kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 11 GBO behandelt die Frage, inwieweit das Bestehen von Ausschließungsgründen Einfluss auf das Verfahren des Grundbuchamts hat. Die Vorschrift ist lex specialis zu § 6 FamFG und dient der Sicherheit des Rechtsverkehrs und dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs.[1]

Betroffen von der Vorschrift sind der (praktisch nicht vorkommende) Grundbuchrichter, der Rechtspfleger (§ 10 RPflG), der Urkundsbeamte, der (durch das maschinell geführte Grundbuch obsolete) zweite Beamte zur Unterschriftsleistung im Grundbuch, der ermächtigte Justizangestellte und der Präsentatsbeamte (vgl. dazu § 1 GBO Rdn 18 ff.).

Für die Mitglieder des Beschwerdegerichts finden die §§ 41 ff. ZPO über § 81 Abs. 2 GBO Anwendung.

[1] Meikel/Böttcher, § 11 Rn 1; Bauer/Schaub/Maaß, § 11 Rn 1.

B. Die Anwendung des § 6 FamFG

 

Rz. 2

§ 6 Abs. 1 FamFG verweist für die Ablehnung und Ausschließung der Gerichtspersonen auf §§ 41 bis 49 ZPO.

C. Die Ausschließung kraft Gesetzes

 

Rz. 3

Von der Mitwirkung oder Tätigkeit kraft Gesetzes ist ausgeschlossen, für wen die Ausschließungsgründe des § 41 ZPO gelten. Diese gelten über § 6 Abs. 1 FamFG unmittelbar für Rechtspfleger und UdG, ohne dass es noch einer Verweisung bedürfte, § 10 RPflG ist insoweit obsolet.[2] Ausschließungsgrund ist insbesondere die Selbstbetroffenheit oder Betroffenheit eines Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners, auch wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft nicht mehr bestehen.[3]

[2] Lemke/Schneider, § 11 Rn 6; Wilsch, FGPrax 2009, 243.
[3] Eingehend zu den Gründen Zöller/G. Vollkommer, § 41 ZPO Rn 6 ff.; Schulte-Bunert/Weinreich/Schöpflin, § 6 FamFG Rn 4 ff.

D. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit

I. Selbstablehnung

 

Rz. 4

Bei Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO kann der Richter/Rechtspfleger/UdG sich sowohl selbst ablehnen als auch durch einen Beteiligten mit entsprechendem Gesucht abgelehnt werden.

Befangenheit liegt vor, wenn der Richter/Rechtspfleger/UdG wegen seiner Beziehung zu dem/den Beteiligten, einem Verfahrensbevollmächtigten oder zum Verfahrensgegenstand in der betreffenden Sache nicht unvoreingenommen amtieren kann oder jedenfalls ein unbefangen denkender Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei besonnener und vernünftiger Würdigung Grund haben kann, daran zu zweifeln.[4]

 

Rz. 5

Selbstablehnung ist möglich, wenn nach Auffassung des zuständigen Bediensteten selbst Befangenheit i.S.d. vorstehenden Darlegungen vorliegt. Nach § 48 Abs. 1 ZPO hat der betroffene Bedienstete dies anzuzeigen. Der (im Grundbuchverfahren praktisch nicht tätige) Richter hat seine Anzeige an die Zivilkammer des Landgerichts zu richten (§ 48 Abs. 1 mit § 45 Abs. 2 ZPO, §§ 72, 100 GVG), der Rechtspfleger richtet seine Anzeige an den zuständigen Richter (§§ 10, 28 RPflG). Für den Urkundsbeamten gilt § 49 ZPO. Über die Selbstablehnung entscheidet der zuständige Richter nach § 45 ZPO.[5] Lediglich bei ganz offensichtlichem Rechtsmissbrauch durch das Ablehnungsgesuch kann der betroffene Richter/Rechtspfleger selbst entscheiden.[6]

[4] Siehe im Einzelnen Zöller/G. Vollkommer, § 42 ZPO Rn 11 ff.
[5] Lesenswert auch zu verfassungsrechtlichen Aspekten Meikel/Böttcher, § 11 Rn 20.
[6] BGH NJW-RR 2005, 1226 = Rpfleger 2005, 415.

II. Ablehnung durch Beteiligte

 

Rz. 6

Bei Ablehnung durch die Verfahrensbeteiligten gelten die §§ 42 bis 48 ZPO über § 6 FamFG.[7]

[7] So bereits vor Geltung des FamFG BayObLGZ 1967, 474 = NJW 1968, 802; OLG Braunschweig Rpfleger 1970, 167; Keidel, Rpfleger 1969, 181, 183.

E. Handlungen eines ausgeschlossenen Grundbuchbeamten

I. Grundbucheintragung

 

Rz. 7

Hier ist nach § 11 GBO zu unterscheiden zwischen Eintragungen und den anderen grundbuchamtlichen Tätigkeiten im weitesten Sinn. Eintragungen sind nach § 11 GBO nicht deshalb unwirksam, weil sie von einem kraft Gesetzes ausgeschlossenen Grundbuchbeamten bewirkt worden sind. Sie entfalten volle Rechtswirkung und nehmen am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil. Die Eintragung durch einen ausgeschlossenen Bediensteten ist damit auch keine Gesetzesverletzung im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO.

II. Sonstige Entscheidungen

 

Rz. 8

Bis über die Selbstablehnung oder den Ablehnungsantrag entschieden ist, gilt § 47 ZPO: Der Betroffene darf nur solche Handlungen vornehmen, die keinen Aufschub gestatten. Diese Handlungen bleiben auch dann voll wirksam, wenn die Ablehnung für begründet erklärt wird.[8] Wird der Rahmen des § 47 ZPO überschritten, werden also Handlungen vorgenommen, ist die Maßnahme zunächst wirksam, jedoch – sofern gegen sie überhaupt eine Anfechtungsmöglichkeit besteht (vgl. dazu § 71 GBO Rdn 1 ff.) – wegen Verstoßes gegen § 47 ZPO anfechtbar.[9] Gleiches gilt für ein Tätigwerden nach rechtskräftiger Ablehnung. Die nach § 47 ZPO verbotene Amtshandlung kann dabei einen neuen Ablehnungsgrund begründen.[10]

[8] Zöller/G. Vollkommer, § 47 ZPO Rn 3.
[9] BGH NJW-RR 2007, 775; BayObLGZ 1969, 7 = Rpfleger 1969, 209.
[10] Zöller/G. Vollkommer, § 47 ZPO Rn 4.

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