Rz. 67

Bei Zwangsvollstreckung ist die notarielle Urkunde als Vollstreckungstitel mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen, die Vollstreckungsklausel erteilt regelmäßig der Notar (§ 797 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

 

Rz. 68

Bei der Vollstreckung aus einer Sicherungsgrundschuld ist zur Fälligkeit der Grundschuld § 1193 BGB zu beachten. Danach muss eine Kündigungsfrist von sechs Monaten eingehalten werden. Dies gilt auch für die Vollstreckung nur aus den Grundschuldzinsen.[173] Der Nachweis der Kündigung der Grundschuld ist durch den Gläubiger zur Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde gem. § 726 Abs. 1 ZPO zu erbringen.[174] Streitig ist, ob der Grundstückseigentümer bei der Grundschuldbestellung mit Unterwerfungserklärung einen Nachweisverzicht hierzu erklären darf, so dass die vollstreckbare Ausfertigung ohne Kündigungsnachweis erteilt werden kann.[175] Streitig ist auch, ob das Vollstreckungsgericht den Ablauf der Kündigungsfrist des § 1193 Abs. 1 S. 3 BGB zu prüfen hat.[176] Die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsklausel soll ihm jedenfalls nicht obliegen.[177] Lässt man den Nachweisverzicht zu, trifft gegen die Klauselerteilung im Streitfall den Schuldner die Klagelast nach § 768 ZPO, die Beweispflicht im Zivilprozess für den Zugang der Kündigung trifft aber den Gläubiger. Die Klage nach § 768 ZPO kann bereits dann erhoben werden, wenn die vollstreckbare Ausfertigung erteilt ist, die Zwangsvollstreckung muss noch nicht begonnen haben.[178] Daher ist die notarielle Praxis fragwürdig, bei einem Nachweisverzicht die Vollstreckungsklausel bereits am Tag der Beurkundung zu erteilen, denn dann ist ersichtlich, dass trotz Nachweisverzichts des Schuldners die Kündigung objektiv noch gar nicht erfolgen konnte und die Kündigungsfrist noch gar nicht abgelaufen sein kann.[179] Die notarielle Urkunde als Vollstreckungstitel mit Vollstreckungsklausel sowie beglaubigte Abschriften der öffentlichen oder öffentlich beglaubigte Urkunden, auf welche die Klausel erteilt wurde, müssen dem Grundstückseigentümer als Schuldner vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt werden (§ 750 Abs. 2 ZPO).[180] Die Zwangsvollstreckung darf erst nach Ablauf einer zweiwöchigen Wartefrist erfolgen (§ 798 ZPO).

[173] BGH NJW 2017, 2469 = MittBayNot 2017, 618 = Rpfleger 2017, 567; dazu Kesseler, NJW 2017, 2442; Clemente, ZfiR 2017, 523; Volmer, MittBayNot 2017, 560.
[174] BGHZ 227, 154 = DNotZ 2021, 692 m. Anm. Reymann = NJW 2020, 3600 = Rpfleger 2021, 180 = ZIP 2020, 2228, dazu EWiR 2020, 739 (Samhat); Everts, DNotZ 2013, 730; Derleder, ZIP 2009, 2221; Schulz, Rpfleger 2009, 452; Volmer, MittBayNot 2009, 1; a.A. Zimmer, NotBZ 2008, 386; Böhringer, BWNotZ 2009, 61.
[175] Befürwortend die wohl h.M. mit BGH NJW 2017, 2469; BGHZ 227, 154; BGH BWNotZ 2022, 426 (jeweils obiter dictum); LG Meiningen Rpfleger 2013, 691; LG Essen Rpfleger 2011, 288; LG Lübeck Rpfleger 2009, 451; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, § 1193 Rn 11 m.w.N.; MüKo-BGB/Lieder, § 1193 Rn 10, 11; Dassler/u.a./Hintzen, ZVG, Vorbem. zu § 15 Rn 44; Schneider/Goldbach, ZVG, §§ 15, 16 Rn 252a; Everts, DNotZ 2013, 730; Volmer, ZfIR 2020, 213; Böttcher, ZfIR 2023, 53; ablehnend Lindemeier, RNotZ 2020, 86; Roth, 2021, 133; eingehend kritisch auch Stöber/Keller, ZVG, § 15 Rn 115 ff.; Keller, ZNotP 2023, 201; allg. zur Zulässigkeit eines Nachweisverzichts BGHZ 147, 203 = NJW 2001, 2096 = ZIP 2001, 873, dazu EWiR 2001, 693 (Joswig); BGH Rpfleger 2006, 27; BGH ZIP 2006, 119.
[176] Bejahend Dassler/u.a./Hintzen, ZVG, Vorbem. zu § 15 Rn 53; Böttcher, ZVG, §§ 15, 16 Rn 63a; verneinend Staudinger/Wolfsteiner, BGB, § 1193 Rn 6.
[178] Allg. Ans., statt aller MüKo-ZPO/K. Schmidt/Brinkmann, § 768 Rn 7 m.w.N.; grundlegend bereits RGZ 134, 156, 162; RGZ 159, 385, 387.
[179] So LG Stade, Beschl. v. 11.6.2015 – 7 T 73/15, juris; die Praxis aber nicht beanstandend BGH BWNotZ 2022, 426; LG Münster ZVI 2022, 67.
[180] Unzutreffend BGHZ 227, 154, 159, der von der Erteilung als einfache Klausel nach § 724 ZPO ausgeht; unklar aber auch MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 726 Rn 64; bei einer einfachen Klausel wäre dem Schuldner aber der Rechtsbehelf des § 768 ZPO verwehrt.

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