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Eine Inhaltsprüfung obliegt dem Grundbuchamt für die Regelungen, die gem. § 10 Abs. 3 WEG durch Grundbucheintragung verdinglicht werden sollen.[575] Verstöße gegen zwingendes Recht, die die Nichtigkeit zur Folge hätten (§ 134 BGB), sind zu beanstanden.[576] Ist auch nur eine Regelung der Gemeinschaftsordnung unwirksam, so kann die Eintragung insgesamt nicht vorgenommen werden.[577] Daraus ergibt sich, dass eine Beanstandung ausnahmsweise auch dann erfolgen darf, wenn zweifelsfrei feststeht, dass eine Bestimmung unwirksam oder unbeachtlich ist.[578]

Aus praktischen Gründen sind Vereinbarungen über das Verhältnis der Eigentümer untereinander auch insoweit eintragungsfähig, als lediglich eine gesetzliche Regelung wiederholt wird.[579] Ob der öffentliche Glaube sich auf Vereinbarungen der WEer und TEer über ihr Verhältnis untereinander bezieht, ist bestritten.[580] Die §§ 138, 242 BGB sind jedoch nur zu beachten, soweit nicht eine wertende Beurteilung und Berücksichtigung aller Umstände erforderlich ist, die den Verfahren nach § 44 WEG vorbehalten bleiben muss. Stimmrechtsregelungen mit Vetorecht eines Eigentümers oder Stimmenmehrheit eines Eigentümers sind bspw. grundsätzlich zulässig.[581]

Zu einer AGB-Kontrolle der Gemeinschaftsordnung ist das Grundbuchamt weder berechtigt noch verpflichtet.[582] Dazu besteht auch kein rechtliches Bedürfnis. Eine Prüfung von Klauseln, die gegen §§ 305 ff. BGB verstoßen oder unzumutbar sind (§ 242 BGB), und ihre rechtskräftige Abänderung bleibt dem Verfahren nach §§ 44 ff. WEG vorbehalten,[583] weil die Gemeinschaftsordnung als Statut einer richterlichen Inhaltskontrolle ebenso unterworfen ist wie Satzungen sonstiger Art. So sind bspw. Zugangsfiktionen in der Gemeinschaftsordnung, wonach die Einladung zur Eigentümerversammlung an die "zuletzt genannte Anschrift des Eigentümers" genüge, im Rahmen einer AGB-Kontrolle – und auch sonst – nicht zu beanstanden.[584]

[575] OLG Köln DNotZ 1982, 756; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, § 7 Rn 105 ff.
[576] OLG Düsseldorf DNotZ 1973, 552; BayObLG DNotZ 1989, 428 m. Anm. Weitnauer.
[577] BayObLGZ 2000, 96; ebenso Demharter, WEG, Anh. § 3 Rn 20.
[578] BayObLGZ 1997, 139 = Rpfleger 1997, 375.
[579] OLG Hamm FGPrax 1997, 59.
[580] OLG Stuttgart OLGZ 1986, 35; BayObLG DNotZ 1990, 381 m. Anm. Weitnauer; OLG Hamm Rpfleger 1994, 60; dagegen Demharter, DNotZ 1991, 28; Demharter, MittBayNot 1995, 34.
[581] BayObLG Rpfleger 1997, 375.
[582] BGHZ 227, 289 = DNotZ 2021, 754 = ZfIR 2021, 394 m. Anm. Heinemann; noch offengelassen in BGHZ 99, 94; dazu Elzer, NotBZ 2022, 241; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 651 = Rpfleger 1987, 412; BayObLG NJW RR 1992, 83; OLG Frankfurt a.M. FGPrax 1998, 85; BayObLG, Beschl. v. 17.11.2004 – 2Z BR 171/04, juris; OLG Hamm NJW-RR 2008, 1545; LG Hamburg ZWE 2012, 55; Staudinger/Rapp, BGB, § 7 WEG Rn 35 ff.; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, § 7 Rn 142 ff., § 8 Rn 59 ff.; Weitnauer/Briesemeister, WEG, § 7 Rn 25 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 2857; 2815; Ertl, DNotZ 1981, 149 m.w.N.; Röll, DNotZ 1978, 720; Schmidt, BauR 1979, 187; Röll, Rpfleger 1997, 108.
[583] BGHZ 99, 90 = JZ 1987, 463; BayObLG Rpfleger 1990, 160 m. Anm. Böttcher, = DNotZ 1989, 428 m. Anm. Weitnauer.
[584] A.A. aber LG Magdeburg Rpfleger 1007, 108.

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