Leitsatz

§ 39 FamFG schreibt zwingend für familienrechtliche Verfahren eine Rechtsmittelbelehrung für jeden Beschluss mit einer Endentscheidung vor. Es muss über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz, die einzuhaltende Form und Frist belehrt werden.

Dabei stellt sich die Frage, inwieweit infolge einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung eine Fristversäumung durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Verfahren, in denen Anwaltszwang herrscht, durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist.

 

Sachverhalt

Der Antragsgegner wandte sich mit seiner Beschwerde gegen die Anordnung von Maßnahmen nach § 1 GewSchG durch Beschluss des AG vom 23.3.2010. Das AG hatte über den Antrag der Antragstellerin am 23.3.2010 mündlich verhandelt und mit Beschluss vom selben Tage dem Antrag stattgegeben. Der Beschluss enthielt hinsichtlich der Beschwerdefrist eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung. Als Beschwerdefrist wurde eine Frist von einem Monat angegeben, obgleich die Beschwerdefrist gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG tatsächlich zwei Wochen beträgt.

Der Beschluss wurde dem Antragsgegnervertreter per Fax am 26.3.2010 übersandt. Ferner wurde er am 6.4.2010 auf dem Postweg zugestellt.

Mit am 26.4.2010 beim AG eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Gegen die Versäumung der Beschwerdefrist beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter Hinweis darauf, dass er - ungeachtet seiner anwaltlichen Vertretung - auf die Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung habe vertrauen dürfen.

Wiedereinsetzung wurde nicht gewährt und die Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig verworfen.

 

Entscheidung

Das OLG hat in seiner Entscheidung die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bewilligt.

Zwar sei die Rechtsbehelfsbelehrung des AG fehlerhaft, doch führe dies nicht zur Gewährung einer Wiedereinsetzung. Eine unverschuldete Fristversäumung allein reiche nicht aus. Erforderlich sei weiter, dass diese kausal für die Fristversäumung geworden sei. Die Vermutung der Schuldlosigkeit nach § 17 Abs. 2 FamFG bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung lasse das Erfordernis des Kausalzusammenhangs nicht entfallen. Habe ein Beteiligter tatsächlich Kenntnis von seinen Rechtsmitteln und habe es daher keiner Rechtsmittelbelehrung bedurft, sei eine Wiedereinsetzung ausgeschlossen. Eine derartige Kenntnis sei bei anwaltlich vertretenen Parteien regelmäßig anzunehmen (MünchKomm zum FamFG/Pabst, 3. Aufl., § 17 Rz. 9; Musielak/Borth, FamFG, 1. Aufl., § 17 Rz. 2; Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 17 Rz. 37; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 17 Rz. 3).

Im vorliegenden Fall sei der Antragsgegner im gesamten Verfahren anwaltlich vertreten gewesen. Dass sein Verfahrensbevollmächtigter sich auf die Rechtsmittelbelehrung verlassen habe, führe nicht zur Kausalität der Fristversäumung. Von einem Rechtsanwalt sei zu erwarten, dass er sich bei Einlegung eines Rechtsmittels über den Fristablauf vergewissere.

 

Hinweis

Ebenso wie das OLG Karlsruhe hat auch das OLG Koblenz mit Beschluss vom 26.3.2010 zur Geschäftsnummer 13 UF 159/10 entschieden (vgl. Entscheidung zum Haufe-Index HI2361104).

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.07.2010, 16 UF 76/10

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