Leitsatz

Die 2. Ehefrau ist unterhaltsrechtlich der 1. Ehefrau gleichzustellen, doch sie darf wegen Aufnahme der Hausfrauenrolle unterhaltsrechtlich aber auch nicht bessergestellt werden als die 1. Ehefrau.

 

Sachverhalt

Die 1975 geschlossene Ehe der Parteien war gescheitert und wurde im Jahre 2003 geschieden. Nach der Scheidung ging die geschiedene Ehefrau einer Arbeit als Reinigungskraft nach und erhielt von ihrem geschiedenen Ehemann Aufstockungsunterhalt. Im Jahr 2004 heiratete der Kläger erneut. Aus der Ehe ist im Jahr 2005 ein Sohn hervorgegangen; im Jahr 2006 adoptierte der Kläger den Sohn seiner jetzigen Ehefrau. Diese ist Hausfrau und nicht erwerbstätig. Auf Antrag des Klägers hatte das OLG den Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau erheblich herabgesetzt mit der Begründung, die 2. Ehefrau sei ebenfalls unterhaltsbedürftig und sei nach der neuen Rechtslage entsprechend zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des BGH sind nach der Ehescheidung entstandene Unterhaltspflichten sowohl gegenüber den Kindern als auch gegenüber dem neuen Ehegatten schon bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen. Aus dem Gedanken der Teilhabe des Unterhaltsberechtigten am Lebensstandard des Unterhaltsverpflichteten folgt aber zugleich die Begrenzung auf diesen Standard. Der Lebensstandard des Unterhaltsverpflichteten wird nämlich dadurch beschränkt, dass er seinem neuen Ehegatten, sowie den Kindern aus 2. Ehe ebenfalls Unterhalt zu zahlen hat. Dementsprechend ist bei der Berechnung des Unterhaltes des geschiedenen Ehegatten diese zusätzliche Belastung zu berücksichtigen.

Eine Beispielsrechnung zeigt, welche Auswirkungen diese Vorgabe des BGH auf die Unterhaltsberechnung hat: Einkommen des Unterhaltspflichtigen: 6000 EUR. Nach der bis zum 31.12.2007 geltenden Rechtslage hatte der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch i.H.v. etwa der Hälfte dieses Einkommens (abzüglich berufsbedingter Aufwendungen, teilweise unterschiedlich in einzelnen OLG-Bezirken). Der Unterhalt des neuen Ehegatten wurde von dem hiernach verbleibenden Einkommen i.H.v. 3000 EUR errechnet und war dementsprechend deutlich geringer als der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten.

Nach der neuen Berechnung wird von dem Einkommen i.H.v. 6000 EUR der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten wie auch der des neuen Ehegatten sowie der verbleibende Bedarf des Ehemanns gleichzeitig errechnet. Im Beispiel also jeweils ca. 2000 EUR.

Der BGH hat allerdings den Unterhaltsanspruch des 2. Ehegatten insofern begrenzt, als nach seiner Auffassung die Rollenverteilung zwischen den Ehegatten im Außenverhältnis zu der geschiedenen Ehefrau nicht wirksam ist. Im Hinblick auf ihre Erwerbsverpflichtung ist die neue Ehefrau so zu behandeln wie eine geschiedene Ehefrau. Dies verlangt nach Auffassung des BGH der Grundsatz der Gleichbehandlung.

Im Hinblick auf die vor dem 1.1.2008 rechtskräftigen Unterhaltstitel ist eine nachträgliche Befristung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau, die nach neuerem Recht möglich ist, nicht durchsetzbar. Dies folgt aus der Rechtskraft der vorausgegangenen Urteile.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 18.11.2009, XII ZR 65/09.

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