Leitsatz

Kernproblem des Falles war die Möglichkeit der Befristung/Begrenzung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt bei langer Ehezeit, hier 20 Jahre.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten im Scheidungsverbund noch um den nachehelichen Unterhalt.

Beide waren im Jahre 1960 geboren und hatten 1982 geheiratet. Aus der Ehe waren zwei in den Jahren 1982 und 1984 geborene Kinder hervorgegangen. Die Trennung der Parteien erfolgte im Jahre 2001, die Zustellung des Ehescheidungsantrages im August 2002. Die Ehe wurde durch Verbundurteil vom 10.3.2004 geschieden. Der Ehemann hat im Jahre 2006 erneut geheiratet und das im Jahre 2001 geborene Kind seiner neuen Ehefrau im Januar 2007 adoptiert.

Während ihrer Ehe in der früheren DDR gingen beide Parteien Vollzeittätigkeiten nach. Die Betreuung der Kinder war in einer Kinderkrippe, einem Kindergarten und einem Hort sichergestellt. Die Ehefrau verdiente als Bauingenieurin 690,00 Mark/DDR, während der Ehemann in leitender Tätigkeit in einer Stärkefabrik Einkommen von 1.000,00 Mark/DDR erzielte.

Seit 1992 war die Ehefrau bei verschiedenen Arbeitgebern in Teilzeit, ab 1998 nach kurzer Arbeitslosigkeit als selbständige Bauingenieurin tätig. Nach Aufgabe ihrer Selbständigkeit arbeitete sie ab März 2002 zunächst in einem befristeten Arbeitsverhältnis und erhielt sodann eine bis 31.3.2006 befristete Vollzeitanstellung bei dem Landkreis mit einem Nettoeinkommen von monatlich 1.406,38 EUR.

Der Ehemann wurde nach dem Beitritt der neuen Bundesländer Geschäftsführer der Nachfolgegesellschaft seines früheren Arbeitgebers. Zum Zeitpunkt der Ehescheidung erzielte er ein monatliches Einkommen i.H.v. 4.851,52 EUR.

Erstinstanzlich wurde er im Ehescheidungsverbundverfahren verurteilt, an die Ehefrau ab Rechtskraft der Ehescheidung monatlichen Unterhalt i.H.v. 1.116,00 EUR zu zahlen. Die Berufung des Ehemannes, mit der er eine Befristung des nachehelichen Unterhalts auf die Zeit bis einschließlich 2006 begehrte, wurde vom OLG zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Ehemannes.

 

Entscheidung

Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Der BGH rügte, dass das OLG eine Begrenzung des Aufstockungsunterhalts mit der Begründung versagt hatte, dass eine solche schon im Hinblick auf die Ehedauer von mehr als 20 Jahren ausscheide und der Ehemann nicht hinreichend dargelegt habe, dass eine Abweichung vom Regelfall geboten sei.

Der nacheheliche Unterhalt solle - dies könne schon aus der Entstehungsgeschichte der §§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 S. 2 BGB hergeleitet werden - in erster Linie ehebedingt entstandene Nachteile des unterhaltsberechtigten Ehegatten ausgleichen. Hierbei sei zu differenzieren zwischen dem Aufstockungsunterhalt und den anderen Unterhaltstatbeständen. Der Aufstockungsunterhalt verschaffe dem unterhaltsberechtigten Ehegatten dem Grunde nach einen Anspruch auf Teilhabe an dem während der Ehe erreichten Lebensstandard, bei den anderen Unterhaltstatbeständen sei auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile abzustellen.

Die Ehedauer sei eines von mehreren Kriterien für die Billigkeitsentscheidung. Zusätzlich sei jedoch das Alter der Parteien zu berücksichtigen, da die Ehefrau bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages erst 41 Jahre alt gewesen und es deshalb unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände für sie leichter sei, die Lebensverhältnisse der früheren Ehegatten wieder zu entflechten, da die Parteien sehr jung geheiratet hätten und trotz 20-jähriger Ehe noch in der ersten Hälfte ihres Berufslebens stünden.

Auch war nach Auffassung des BGH zu berücksichtigen, dass sie Parteien trotz der Kindesbetreuung in der ersten Hälfte ihrer Ehe in der früheren DDR aufgrund anderweitiger Betreuungsmöglichkeiten beide einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit hätten nachgehen können. Es sei nicht festgestellt worden, ob sich die Verhältnisse seit der Wiedervereinigung infolge der berufsbedingt stärkeren zeitlichen Beanspruchung des Ehemannes entschieden geändert hätten. Ferner sei nicht festgestellt worden, ob sich aufseiten der Ehefrau infolge der Ehe oder wegen der Dauer der Kindererziehung noch heute ehebedingte Einkommenseinbußen ergeben würden.

Konkret sei daher vom Berufungsgericht zu prüfen, ob die Einkommensdifferenz der Parteien ganz oder teilweise auf fortwirkende ehebedingte Nachteile zurückzuführen oder ob sie eine Folge des umfassenden Strukturwandels nach der Wiedervereinigung seien, die auch andere Arbeitnehmer unabhängig von ihrer ehelichen Situation getroffen habe.

Aus den genannten Gründen war nach Auffassung des BGH das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Hinweis

In dem seit 01.01.2008 geltenden § 1578b BGB ist die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit in einer Norm zusammengefasst, die sich auf alle Unterhaltstatbestände bezieht. Danach ist maßgeblich, ob ehebedingte Nachteile festzustellen sind, so dass jeder Unterhaltsanspruch der Höh...

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