Leitsatz

Eine arbeitsvertragliche Abrede über die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf eine übertarifliche Zulage berechtigt den Arbeitgeber auch gegenüber Stundenlohnempfängern nicht, den Lohnausgleich für eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung auf die Zulage anzurechnen.

Zeitgleich mit der Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit in der hessischen Metallindustrie von 36 auf 35 Wochenstunden wurde der für Arbeiter gültige tarifliche Akkordrichtsatz erhöht. Ein Arbeitgeber, der einen übertariflichen Akkordrichtsatz gewährte, rechnete unter Berufung auf eine Anrechnungsvereinbarung die Tariflohnerhöhung auf den übertariflichen Akkordrichtsatz an, so dass dieser unverändert blieb.

Das BAG hat dies nicht gebilligt: Im Streitfall haben die Parteien zwar vereinbart, dass zukünftige Tariflohnerhöhungen auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden. Gleichwohl war der Arbeitgeber nicht berechtigt, die übertarifliche Zulage zu kürzen. Die Erhöhung der Tariflöhne hat nicht zu einer Erhöhung des den Arbeitnehmern bei Erfüllung der tariflichen Wochenarbeitszeit tatsächlich geschuldeten Lohnes geführt. Sie erhalten wegen der 35-Stunden-Woche keine höhere Vergütung als zuvor bei 36 Wochenstunden. Es hat sich nur die von den Arbeitern zu erbringende Leistung bei gleichbleibender Gegenleistung des Arbeitgebers vermindert. Die Zulagenkürzung aufgrund einer solchen Verteuerung der Arbeit (gleicher Wochen- oder Monatslohn bei weniger Arbeitszeit) ist von einer einzelvertraglichen Klausel, die dem Arbeitgeber die Anrechnung von "Tariferhöhungen" auf eine übertarifliche Zulage gestattet, nicht erfasst.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil vom 15.03.2000, 5 AZR 557/98

Anmerkung

Praxishinweis: Klauseln über die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen erfassen im Zweifel nur Lohnerhöhungen, die zu einem tatsächlichen Mehrverdienst des Arbeitnehmers führen, aber nicht Lohnausgleichszahlungen für anderweitige Verdienstverluste.

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