Leitsatz

Eigenmächtige Kreditaufnahme durch den (Ex-)Verwalter: Kein Erfolg seines Erstattungs- und Kostenfreistellungsanspruchs gegen die Gemeinschaft

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG; §§ 177, 179, 670, 677, 683, 684, 812 ff., 818 Abs. 2 BGB

 

Kommentar

  1. Der gegen die Gemeinschaft klagende Exverwalter hatte auf seinen Namen ein Konto bei der Bank eingerichtet, über das ausschließlich der Zahlungsverkehr der Gemeinschaft abgewickelt wurde. Er begehrte nun Freistellung des Saldos zum Zeitpunkt der Beendigung seines Verwalteramts. Weiterhin forderte er Zahlung einer Sonderumlage sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht gab der Klage im Wesentlichen statt und bestätigte einen Anspruch des Verwalters auf Freistellung gemäß § 670 BGB, da er im Auftrag der Gemeinschaft tätig geworden sei. Als begründet erachtet wurde auch seine Forderung nach der Sonderumlage sowie auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

    Im Berufungsverfahren änderte er dann noch seine Klage auf höhere Zahlungsbeträge.

  2. Die zulässige Berufung der Gemeinschaft gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hatte in der Sache Erfolg.

    Die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageänderung war unzulässig, da der dort vom Kläger gestellte Antrag nicht nur eine Änderung der Art enthielt, dass er statt einer Freistellung nunmehr Zahlung forderte; vielmehr verlangte er im Wege seiner Änderung ein "Mehr", da der von ihm gestellte Antrag summenmäßig den erstinstanzlich gestellten Antrag (hier: nicht unerheblich) übersteigt.

  3. Der klagende Verwalter war zur Kreditaufnahme nicht berechtigt und auch nicht verpflichtet. Ein von ihm ohne Beschluss aufgenommener Kredit ist schwebend unwirksam und kann allenfalls nach § 177 BGB genehmigt werden. Wird – wie vorliegend – ein solcher Kreditvertrag nicht genehmigt, haftet der Verwalter dem Kreditgeber gegenüber als vollmachtloser Vertreter nach dessen Wahl auf Erfüllung oder Schadensersatz (§ 179 BGB). Von den Eigentümern kann ein Verwalter Ersatz seiner Aufwendungen nur verlangen, wenn die Kreditaufnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach (§§ 675, 670 BGB). Ansonsten kann er nur unter den Voraussetzungen der §§ 677, 683 BGB Regress nehmen. Überziehungszinsen kann er nicht verlangen.

    Unabhängig davon, dass im Rahmen eines Aufwendungsersatzes im Fall einer Kreditaufnahme im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung die Eigentümer als solche haften und nicht – wie hier verklagt – die Gemeinschaft, liegen die Voraussetzungen vorliegend nicht vor. Ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht eine Kreditaufnahme nur dann, wenn der Kreditbetrag die Summe der Hausgeldzahlungen aller Wohnungseigentümer für 3 Monate nicht übersteigt und der Kredit der Überbrückung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses dient (Merle in Bärmann, WEG, 10. Aufl. 2008, § 27 WEG Rn. 205). Von diesen Voraussetzungen war vorliegend nicht auszugehen.

    Dem Verwalter steht gegen die Gemeinschaft auch kein Anspruch auf Freistellung gemäß §§ 670, 677, 683 BGB zu, da die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (also der Gemeinschaft) entsprach. Die Gemeinschaft hatte keinen wirklichen Willen geäußert. Was einen mutmaßlichen Willen betrifft, kommt es nach objektiver Beurteilung aller Umstände auf den Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts an. Ein solches Interesse eines Geschäftsherrn fehlt i.d.R., wenn die mit der Maßnahme verbundenen Kosten nicht mehr im Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen. Vorliegend war nicht von einem mutmaßlichen Willen der Gemeinschaft auszugehen, da die Kosten der Maßnahme erheblich über ihren Vorstellungen lagen. Bei der ursprünglichen Beschlussfassung ging die Gemeinschaft von einer Sanierungsmaßnahme von 4.000 EUR aus; später teilte der Verwalter der Gemeinschaft mit, dass sich die Kosten auf 8.000 bis 10.000 EUR belaufen würden; tatsächlich sind dann jedoch Kosten in Höhe von über 18.000 EUR angefallen (Steigerung von mindestens 80 %).

    Auch von einer Notgeschäftsführung des Verwalters konnte vorliegend nicht gesprochen werden. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG ist entscheidend, ob die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums gefährdet wäre, wenn nicht umgehend gehandelt würde. Wenn hier der Kläger vorträgt, dass ohne sein sofortiges Handeln möglicherweise die Wohnung bestimmter Eigentümer unter Wasser gestanden hätte, betrifft ein solcher Schaden das Sondereigentum.

  4. Eine Anspruchsberechtigung ergibt sich auch nicht aus den §§ 670, 684, 812 ff. BGB. Nach § 684 BGB ist ein Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben, wenn die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vorliegen. Vorliegend betraf die Baumaßnahme für die Gemeinschaft allerdings eine sog. aufgedrängte Bereicherung, da sie an dieser Maßnahme zu einem Preis von ca. 18.000 EUR kein Interesse hatte. Im Rahmen eines Bereicherungsanspruchs ist auch zu berücksichti...

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