Leitsatz

  1. Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe betreffen keine unterschiedlichen Streitgegenstände
  2. Nur ausnahmsweise bestehendes rechtliches Interesse für Feststellungsklage auf Nichtigkeit eines Beschlusses
  3. Beschlussfassung über Wirtschaftsplan in vereinbarten Untergemeinschaften führt nicht zu einer Blockabstimmung, da es insoweit nur um Vorschusszahlungen ohne endgültige Kostenbegründung für einzelne Eigentümergruppen geht
 

Normenkette

§§ 28, 46, 47, 48 WEG; § 256 ZPO

 

Kommentar

  1. Auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Beschlussanfechtungs- und Nichtigkeitsgründe betreffen keine unterschiedlichen Streitgegenstände, weil beide Klageanträge materiell das selbe Ziel verfolgen. Es geht hier unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt um eine verbindliche Klärung der Gültigkeit des zur Überprüfung gestellten Eigentümerbeschlusses. Auch die Auswirkungen sind bei Identität des Streitgegenstands die selben, ob gerichtliche Ungültigkeit des betreffenden Beschlusses festgestellt oder durch Urteil ausgesprochen wird. In beiden Fällen steht mit Rechtskraft der Entscheidung fest, ob ein Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht (vgl. Senat v. 2.10.2009, V ZR 235/08). Die Identität des Streitgegenstands beider Klagen hat auch der Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt und durch die Neuregelungen der §§ 46 Abs. 2, 47 Satz 1 und 48 Abs. 4 WEG zum Ausdruck gebracht.
  2. Nur ausnahmsweise ist ein auf Nichtigkeitsfeststellung gerichteter Hauptantrag trotz eines Obsiegens im Anfechtungsantrag zu bejahen, wenn ein Kläger an der Klärung des Nichtigkeitsgrundes ein besonderes rechtliches Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO besitzt. Nur dann ist von einem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis auszugehen. Im vorliegenden Fall war dies zu verneinen, da dem Kläger keine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit drohte, die durch das erstrebte Urteil hätte beseitigt werden können (vgl. Senat, Urteil v. 3.7.1009, V ZR 58/08). Die vereinbarte Stimmrechtsbeschränkung (Blockstimmrecht) sollte vorliegend nicht abschließend geklärt werden, da nur konkret zur Überprüfung gestellte Eigentümerbeschlüsse streitgegenständlich waren. Fragen einer Stimmberechtigung der Wohnungseigentümer sind damit auch für künftige Beschlussfassungen nicht verbindlich geklärt und sollten auch nach Klageantrag als mögliches "Dauerproblem" der Beschlusskompetenz in diesem Verfahren nicht durch entsprechende Feststellungsklage geklärt werden.
  3. Die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan wurde im Übrigen noch nicht vom vereinbarten Blockstimmrecht erfasst. Insoweit ging es bei dieser Beschlussfassung nur um eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und in Einzelwirtschaftsplänen um normierte Verpflichtungen der einzelnen Eigentümer zur Zahlung von Vorschüssen. Insoweit handelt es sich nicht um eine Kostenbegründung ausschließlich zulasten der beiden Untergemeinschaften des Hauses 1 oder des Hauses 2. Die Verpflichtung zur Wohngeldzahlung betrifft alle Eigentümer. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass bei der Bemessung der Vorauszahlungshöhe auch die voraussichtlichen Ausgaben der jeweiligen Untergemeinschaften einbezogen werden. Durch die bloße Schätzung zu erwartender Ausgaben und die Billigung dieser Prognose durch die Wohnungseigentümer werden die prognostizierten Kosten nicht schon begründet.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 20.5.2011, V ZR 175/10

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