Leitsatz

Die Parteien stritten sich über die Höhe des von dem Ehemann zu zahlenden nachehelichen Unterhalts. Ihre Ehe war durch Urteil vom 19.8.1992 geschieden worden. Wenige Tage zuvor - am 14.8.1992 - hatten die Parteien eine privatschriftliche Vereinbarung getroffen, in der der Ehemann sich verpflichtete, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 20.000,00 DM zu zahlen.

Zur Absicherung der Unterhaltsleistung verpflichtete sich der Ehemann, einen Betrag i.H.v. 3 Mio. DM fest anzulegen. Eine Abänderung der Vereinbarung sollte nur aus steuerlichen Gründen in Betracht kommen.

In der privatschriftlichen Vereinbarung verpflichteten sich die Ehepartner gegenseitig, sich über eine Anpassung des monatlichen Ehegattenunterhalts zu besprechen, wenn der Lebenshaltungsindex aller privaten Haushalte im Bundesgebiet ggü. dem Stand zum 1.9.1992 um mehr als 25 % gestiegen ist. Nach der Vereinbarung der Parteien sollte die Änderung des monatlichen Unterhalts dann möglichst in Anlehnung an die Erhöhung des Lebenshaltungskostenindexes erfolgen.

Die Ehefrau machte mit Schreiben vom 12.6.2006 geltend, der Lebenshaltungskostenindex sei inzwischen um mehr als 25 % gestiegen. Zukünftig sei daher erhöhter Unterhalt i.H.v. nunmehr monatlich 25.612,43 DM = 13.095,48 EUR von dem Ehemann zu zahlen.

Außergerichtlich weigerte sich der Ehemann, erhöhten Ehegattenunterhalt zu leisten. Die Ehefrau erhob daraufhin Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung höheren Unterhalts.

Erstinstanzlich wurde die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Abänderung der Unterhaltsvereinbarung vom 14.8.1992 sei nach deren ausdrücklichem Wort ausgeschlossen. Auch der Umstand, dass der Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte im Bundesgebiet zwischen um mehr als 25 % gestiegen sei, berechtige die Ehefrau nicht zur Abänderung bzw. einer Erhöhung des vereinbarten Unterhalts. Nach der eindeutigen Formulierung der Unterhaltsvereinbarung bestehe insoweit nur die Möglichkeit, dass sich die Parteien "über eine Anpassung des monatlichen Ehegattenunterhalts besprechen". Dies könne allerdings nur auf freiwilliger Basis und mit Einverständnis des Beklagten erfolgen. Da dieser nicht bereit sei, sich mit der Klägerin über eine Anpassung des bisherigen Unterhalts zu einigen, stehe der Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten auf Zustimmung zu einer Erhöhung des bisherigen Unterhalts zu.

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Anders als das erstinstanzliche Gericht ging das OLG davon aus, dass der Klägerin ein Anspruch auf eine Erhöhung ihrer Unterhaltsrente im Sinne einer Anpassung an die seit 1.9.1992 um mehr als 25 % gestiegenen Lebenshaltungskosten ggü. dem Beklagten zusteht. Gleichwohl sei dieser zur Erteilung der begehrten Auskünfte nicht verpflichtet, weil die Klägerin auch ohne diese Auskünfte ihren - erhöhten - Unterhaltsanspruch beziffern und sogleich im Wege der Leistungsklage geltend machen könne.

Der Annahme des erstinstanzlichen Gerichts, die Parteien hätten lediglich eine rechtlich nicht verbindliche gemeinsame Absichtserklärung in den Vertragstext aufnehmen wollen, stehe schon die grundsätzliche materielle Auslegungsregel entgegen, wonach Vertragsparteien im Zweifel den vertraglichen Gegenstand vernünftig und sinnvoll regeln wollen.

Daher sei bei mehreren möglichen Auslegungen jener der Vorzug zu geben, nach welcher der Vertragsbestimmung Bedeutung zukomme und die sie nicht als sinnlos erscheinen lasse (vgl. Busche in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. Rz. 60 zu § 133 BGB m.w.N. a. d. höchstrichterl. Rechtspr.). Die Aufnahme der sog. Schwellenklausel in den Vertragstext ergebe aber nur dann einen rechtlichen Sinn, wenn damit zugleich ein Anspruch der Klägerin auf eine Anpassung des Unterhalts nach den vereinbarten Regeln verbunden sein sollte.

Dies habe zur Folge, dass sie bei Überschreiten der Schwellengrenze von 25 % eine Erhöhung ihres Unterhalts auf der Basis des nunmehr geltend gemachten Lebenshaltungsindexes verlangen könne.

 

Link zur Entscheidung

OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.05.2008, 2 UF 191/07

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