Leitsatz

Die Parteien stritten sich um den an die Klägerin zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Erstinstanzlich wurde der Beklagte zu Unterhaltszahlungen entsprechend der zwischen den Parteien getroffenen Unterhaltsregelung verurteilt. Das AG vertrat die Auffassung, dass eine Abänderung bei unveränderten Verhältnissen nach Inkrafttreten des neuen Rechts zum 1.1.2008 nicht möglich sein sollte. Sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn des Gesetzes folgend dürfe die Klägerin darauf vertrauen, dass eine Abänderung bis zur Erreichung des 10. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes nicht vorgenommen werde.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung wandte sich der Beklagte mit der Berufung.

Sein Rechtsmittel hatte im Ergebnis keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach der zwischen den Parteien getroffenen Unterhaltsvereinbarung sei der Beklagte verpflichtet, 1.000,00 EUR monatlich an Geschiedenenunterhalt (800,00 EUR Elementarunterhalt und 200,00 EUR Vorsorgeunterhalt) zu zahlen. Es handele sich um eine vertragliche Ausgestaltung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach den §§ 1570,1573 Abs. 2 a.F. BGB.

Die Anpassung der Unterhaltsvereinbarung an veränderte Umstände geschehe allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Für die Frage, welche tatsächlichen Umstände Geschäftsgrundlage der Unterhaltsvereinbarung gewesen seien und welche Veränderungen deshalb zu einer Anpassung des Vertrages führten, komme es auf die Vorstellung an, die für die Parteien bei der vertraglichen Bemessung des Unterhalts bestimmend gewesen seien. Die Anpassung sei demnach möglich, wenn die zukünftigen Umstände bei Vertragsschluss noch nicht ohne weiteres erkennbar oder voraussehbar gewesen seien, so dass die Parteien, wenn sie die schwerwiegenden Änderungen vorausgesehen hätten, den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., Rz. 601, 601a zu § 6).

Der "zukünftige Umstand", der hier eine Abänderung der Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen könnte, sei § 1570 BGB n.F., der eine wesentlich schärfere Erwerbsobliegenheit der geschiedenen Ehefrau normiere.

§ 36 Nr. 1 EGZPO stehe einer Unterhaltsabänderung grundsätzlich nicht entgegen. Erforderlich sei aber eine wesentliche Änderung zum einen und zum anderen, dass die Änderung der Klägerin unter Berücksichtigung des Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar sei.

Nach Auffassung des OLG war daher zu prüfen, ob die Klägerin nach § 1570 Abs. 1 BGB n.F. eine Erwerbsobliegenheit hat, die über die von ihr ausgeübte Tätigkeit von 27 Stunden monatlich hinausging. Dabei sei auch der Umfang der Betreuung des gemeinsamen Sohnes zu berücksichtigen, der aufgrund seiner Behinderung erhöht betreuungsbedürftig sei.

Im Hinblick auf den anfallenden Betreuungsaufwand kam das OLG zu dem Ergebnis, die Klägerin genüge ihrer Erwerbsobliegenheit. Es lägen gravierende kindbezogene Gründe vor, die eine Ausweitung ihrer beruflichen Tätigkeit unzumutbar erscheinen ließen.

Hinzukomme, dass ihr nicht gleich mit dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts eine Ausweitung ihrer Tätigkeit angesonnen werden könne. Dies gebiete schon der Vertrauensschutz.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 19.01.2009, 15 UF 124/08

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge