Leitsatz

  1. Zu späte Forderung eines Eigentümers auf Aufnahme eines bestimmten Tagesordnungspunkts in die Einladung der anstehenden außerordentlichen Eigentümerversammlung
  2. Auch Nichteinhaltung der gesetzlichen Ladungsvorschrift kann als Beschlussfehler für eine Beschlussanfechtbarkeit ursächlich sein
  3. Fehlende besondere Dringlichkeit für den Erlass einer beantragten einstweiligen Verfügung
  4. Leistungsverfügung kann grundsätzlich als einstweilige Rechtsschutzmaßnahme nicht die Hauptsache vorwegnehmen
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 24 Abs. 4 WEG; § 940 ZPO

 

Kommentar

  1. Zum Sachverhalt (auszugsweise)

    Schon Anfang des Jahres 2010 hatte sich der Verfügungskläger über zu hohe Temperaturen in seiner Wohnung beklagt und vom Verwalter (Verfügungsbeklagten) gefordert, die zentrale Temperatursteuerung der Heizung derart herunterzuregulieren, dass eine Temperatur von 22 °C in den Wohnungen nicht überschritten werde. Erst im Schreiben vom 9.10.2010 beantragte er, das Problem der Regelung der Vorlauftemperatur auf die Tagesordnung einer für 2.12.2010 geplanten außerordentlichen Eigentümerversammlung zu setzen. Der beklagte Verwalter nahm diesen Tagesordnungspunkt jedoch nicht in seine Einladung vom 16.11.2010 auf. Am 24.11.2010 beantragte der Eigentümer deshalb den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Verpflichtung des Verwalters, den erwünschten TOP noch mit auf die Tagesordnung der anstehenden Versammlung aufzunehmen. Mit Schriftsatz vom 2.12.2010 erklärte er seinen Antrag für erledigt und beantragte darüber hinaus, die Verwaltung im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, auf eigene Kosten unverzüglich eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit dem von ihm gewünschten Punkt einzuberufen. Der verfügungsbeklagte Verwalter stimmte der Erledigterklärung nicht zu und beantragte Antragsabweisung, auch unter Hinweis darauf, dass eine Herabsetzung der Vorlauftemperatur insbesondere deswegen nicht in Betracht komme, weil es dann aufgrund des speziellen Heizungssystems in anderen Wohnungen zu kalt würde.

    Das Amtsgericht hat die Anträge des Klägers zurückgewiesen. Auch seine Berufung wurde als unbegründet abgewiesen.

  2. Aus den Gründen

    2.1 Die in der einseitigen Erledigungserklärung liegende Änderung des ursprünglichen Verpflichtungsantrags in einen Feststellungsantrag ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Der Feststellungsantrag ist indes unbegründet. Eine Erledigung des Rechtsstreits zum Verfügungsantrag vom 24.11.2010 ist nicht eingetreten, weil dieser Antrag schon von Anfang an unbegründet war. Es fehlte nämlich bereits zu diesem Zeitpunkt ein Verfügungsanspruch auf Berücksichtigung des vom Kläger gewünschten Tagesordnungspunkts.
    2.2

    Grundsätzlich hat ein Miteigentümer Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunkts gemäß § 21 Abs. 4 WEG, wenn dessen Behandlung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (h.M.). Insoweit müssen sachliche Gründe dafür sprechen, den Punkt in einer Versammlung zu erörtern und darüber abstimmen zu lassen.

    Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Beschluss zu einem solchen erwünschten Punkt gefasst werden könnte, der von vornherein rechtswidrig und damit u.U. anfechtbar wäre, weil die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht mehr gewahrt werden und auf diese Frist auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden könne. In diesem Fall besteht kein Anspruch des Miteigentümers mehr, den Punkt bei der anstehenden Versammlung zu berücksichtigen. Mit ordnungsgemäßer Verwaltung wäre es nämlich unvereinbar, wenn ein Miteigentümer über diesen Weg einen Beschluss herbeiführen könnte, der gegen die Fristbestimmung des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG verstößt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich bei dieser Fristbestimmung nur um eine "Soll-Vorschrift" handelt. Auch deren Nichteinhaltung kann nämlich die Anfechtbarkeit eines Beschlusses begründen, und zwar dann mit Erfolg, wenn der Verstoß für die Beschlussfassung ursächlich war. Eine hier kaum abschätzbare Anfechtungsgefahr sehenden Auges heraufzubeschwören, ist mit dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung unvereinbar.

    Somit konnte der Verfügungskläger bereits bei Einreichung seines Antrags und erst recht im Moment der Rechtshängigkeit die Berücksichtigung des Punktes für die Versammlung am 2.12.2010 nicht mehr verlangen; die Frist war zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen, eine Verkürzung der Frist war nicht gerechtfertigt.

    2.3 Eine solche Verkürzung würde einerseits eine besondere Dringlichkeit der Maßnahme erfordern; andererseits müsste ausgeschlossen werden, dass die Fristverkürzung die übrigen Eigentümer unzumutbar in der Ausübung ihrer Stimmrechte behindert. Hieran fehlte es vorliegend. Zum einen geht es um eine technisch relativ komplexe, zwischen den Parteien hochstreitige Frage, ob eine Reduzierung der Vorlauftemperatur überhaupt möglich ist. Auf eine solche Problematik müssen sich die Eigentümer angemessene Zeit vorbereiten können, auch im Hinblick möglicher drohender Haftung bei eingeschränkter Nutzung ihrer Wohnungen mangels ausreichender Beheizung. Zum...

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