Leitsatz

Infolge einer nach Inkrafttreten von § 566a BGB erfolgten Veräußerung vermieteten Wohnraums tritt der Erwerber auch dann in die durch die Zahlung der Kaution an den ursprünglichen Vermieter begründeten Rechte und Pflichten ein, wenn es zuvor – noch unter der Geltung des § 572 BGB a.F. – weitere Veräußerungsgeschäfte gegeben hat und die Kaution in der Kette der vorangegangenen Vermieter nicht weitergeleitet worden war (im Anschluss an Senatsurteil v. 9.3.2005, VIII ZR 381/03, NZM 2005 S. 639 unter II 2b).

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 566a

 

Kommentar

Der Mietvertrag wurde im Jahr 1987 abgeschlossen. In der Folgezeit kam es mehrfach zu einem Eigentümerwechsel, nämlich

  • im Jahr 1993 infolge eines Verkaufs;
  • im Jahr 2004 infolge einer Zwangsversteigerung sowie
  • im Jahr 2005 infolge eines Verkaufs.

Die Mieterin hatte 1987 an den ursprünglichen Eigentümer eine Barkaution gezahlt. Dieser hatte die Kautionssumme im Jahr 1993 nicht an den Erwerber übergeben. Auch die folgenden Eigentümer haben keine Kaution erhalten. Das Mietverhältnis endete im Mai 2009. Die Mieterin nimmt ihren nunmehrigen Vermieter auf Rückzahlung der Kaution in Anspruch. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen.

Der BGH hat den Vermieter zur Rückzahlung der Kaution verurteilt: Nach dem bis zum 31.8.2001 geltenden Recht (§ 572 BGB a.F.) war der Erwerber nur dann zur Rückgewähr der Kaution an den Mieter verpflichtet, wenn er diese tatsächlich vom Veräußerer erhalten hatte. Durch das Mietrechtsreformgesetz wurde die Rechtslage dahingehend geändert, dass der Erwerber die Kaution auch dann zurückzahlen muss, wenn er sie nicht erhalten hat (§ 566a BGB n.F.). Das neue Recht ist seit dem 1.9.2001 anzuwenden.

Dies führt zu der Frage, ob die Rechtsfolge des § 566a BGB auch dann gilt, wenn der Erwerber die Mietsache vor dem 1.9.2001 erworben hat. Eine spezielle Übergangsvorschrift fehlt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 9.3.2005, VIII ZR 381/03, WuM 2005 S. 404; Urteil v. 28.9.2005, VIII ZR 372/04, WuM 2005 S. 718; Urteil v. 16.11.2005, XII ZR 124/03, NZM 2006 S. 179; Urteil v. 24.6.2009, XII ZR 145/07, NZM 2009 S. 615) ist für solche Erwerbsfälle aus verfassungsrechtlichen Gründen die Regelung des § 572 BGB a.F. weiterhin anzuwenden. An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest. Daraus folgt zunächst, dass der Erwerber des Jahres 1993 nicht auf die Rückgabe der Kaution haftet.

Wird die Mietsache von dem Ersterwerber nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes (1.9.2001) weiterveräußert, gilt für diesen Erwerber aber die Regelung des § 566a BGB jetziger Fassung. Dieser Erwerber haftet für die Rückgabe der Kaution auch dann, wenn er sie nicht erhalten hat. Gleiches gilt für alle weiteren Erwerber. Der Umstand, dass der Veräußerer bei seinem Erwerb aus verfassungsrechtlichen Gründen begünstigt worden ist, kommt den weiteren Erwerben nicht zugute. Der BGH begründet dies mit der Erwägung, dass § 566a BGB dem Schutz des Mieters dient.

Wichtig

Haftungsrisiko absichern

Eine Ausnahme für die hier fraglichen Fälle sei nicht veranlasst, weil sich der Erwerber bei einem nach dem 1.9.2001 erfolgten Eigentümerwechsel gegen das Haftungsrisiko absichern kann, insbesondere durch eine entsprechende Kalkulation des Kaufpreises oder (beim Erwerb in der Zwangsversteigerung) seines Gebots.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 1.6.2011, VIII ZR 304/10, WuM 2011 S. 472

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