3.1 Begriff des Kindes

Nach § 2 Abs. 1 JArbSchG ist "Kind" im Sinne des Gesetzes, wer noch nicht 15 Jahre alt ist. Die Berechnung des Lebensalters erfolgt nach den §§ 186 ff. BGB. Nach § 187 Abs. 2 Satz 2 BGB wird dabei der Tag der Geburt ohne Rücksicht auf die Geburtsstunde voll mitgezählt.

 
Praxis-Beispiel

Alter des Kindes

Das am 1.7.2006 geborene Kind ist am 30.6.2021 noch 14 Jahre alt. Erst am 1.7.2021 ist es 15 Jahre alt und damit Jugendlicher.

Daneben gibt es noch den Personenkreis derer, die zwar keine Kinder im natürlichen, altersbezogenen Sinne mehr sind, aber vom Gesetzgeber so behandelt werden. So finden auf Jugendliche[1], die der Vollzeitschulpflicht unterliegen[2], die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung.[3]

[2] Der Umfang ist abhängig von den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen; allgemeine Voraussetzung ist der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland – die Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle.
[3] Zur Reichweite und zum Anwendungsbereich vgl. BAG, Urteil v. 25.4.2013, 8 AZR 453/12: Die Bestimmungen des JArbSchG zur Arbeit von Kindern kommen nur zur Anwendung, solange der zu schützende Jugendliche noch "Kind" im Sinne des Gesetzes ist. Bei einem Dauerschuldverhältnis ist dabei nicht der Tag des Vertragsschlusses, sondern das Alter im Moment des (späteren) streitbefangenen Sachverhalts entscheidend.

3.2 Verbot der Kinderarbeit

Die Beschäftigung von Kindern ist gemäß § 5 Abs. 1 JArbSchG grundsätzlich verboten. Die Einwilligung in eine Beschäftigung seitens des Kindes oder der Personensorgeberechtigten ist unwirksam. § 5 Abs. 1 JArbSchG ist ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB. Ein dennoch begründetes und praktiziertes Beschäftigungsverhältnis ist nach den Regeln über das faktische Arbeitsverhältnis zu lösen, d. h. insbesondere, dass das Kind seine Entgeltansprüche behält.

3.3 Ausnahmen vom generellen Verbot der Kinderarbeit

Das JArbSchG regelt Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Kinderarbeit[1] bzw. der Beschäftigung von Jugendlichen in Vollzeitschulpflicht[2] in § 5 Abs. 2 ff. bis § 7 JArbSchG. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Ausnahmen zum Beschäftigungsverbot des § 5 Abs. 1 JArbSchG, die in § 5 Abs. 24 JArbSchG vorgesehen sind, und die von einer behördlichen Entscheidung abhängigen Ausnahmen für (künstlerische) Veranstaltungen i. S. d. § 6 JArbSchG.

Kinder bis zu 3 Jahren dürfen auch nicht aufgrund einer Ausnahmegenehmigung beschäftigt werden[3], es sei denn, es handelt sich um eine altersunabhängige Beschäftigungstherapie nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 JArbSchG – in der Praxis wird dies kaum jemals relevant sein.

Kinder von 3 bis 13 Jahren dürfen mit Ausnahme von § 1 Abs. 2 und 5 § 5 Abs. 2 Nr. 1 JArbSchG nur aufgrund einer behördlichen Ausnahme nach § 6 Abs. 1 JArbSchG beschäftigt werden.

Kinder von 13 bis 15 Jahren und schulpflichtige Jugendliche nach § 2 Abs. 3 JArbSchG dürfen ausnahmsweise nach § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 und § 6 Abs. 1 JArbSchG beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung leicht und für Kinder geeignet ist. Nicht mehr vollzeitschulpflichtige Kinder dürfen nach § 7 JArbSchG beschäftigt werden. Das Verbot der Beschäftigung von Kindern bezieht sich auf Abhängigkeitsverhältnisse i. S. d.§ 1 Abs. 1 JArbSchG. Es gilt auch für Jugendliche von 15 bis 18 Jahren, soweit sie der Vollzeitschulpflicht unterliegen. Die Dauer der Vollzeitschulpflicht richtet sich nach den entsprechenden Gesetzen der Länder.

§ 5 Abs. 2 JArbSchG erlaubt es, dass Kinder ohne definitive Altersgrenze beschäftigt werden

  • zum Zweck der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie,
  • im Rahmen des Betriebspraktikums während der Vollzeitschulpflicht sowie
  • in Erfüllung einer richterlichen Weisung.

Die Beschäftigungs- und Arbeitstherapie umfasst Reha-Maßnahmen für psychisch, geistig und körperlich erkrankte Kinder und/oder Kinder mit Behinderungen. Dabei stehen solche Maßnahmen im Vordergrund, bei denen die Fähigkeit erworben wird, später einmal einen Beruf zu erlernen.

Der Begriff "Betriebspraktikum" beschreibt eine Maßnahme, die – von der jeweiligen Schule veranstaltet – in Betrieben der Wirtschaft und während der laufenden Vollzeitschulpflicht durchgeführt wird, damit die Kinder einen direkten Einblick in das Arbeits- und Berufsleben erhalten. Den rechtlichen Rahmen für derartige Berufspraktika bilden in aller Regel Richtlinien der (Landes-)Kultus- und/oder Arbeitsministerien zur Einführung in die Berufswelt und zur Erleichterung der Berufsfindung.

Bei Maßnahmen nach richterlicher Weisung steht das Jugendgerichtsgesetz im Vordergrund, namentlich § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4. Hierin sind Erziehungsmaßregeln vorgesehen für straffällig gewordene strafmündige Minderjährige, also solche, die älter als 14 Jahre sind. Die genannten Vorschriften sehen vor, dass der Minderjährige eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle annimmt oder (gemeinnützige) Arbeitsleistungen erbringt.

Nach § 5 Abs. 3 JArbSchG ist für Kinder über 13 Jahren, vorausgesetzt die Personensorgeberechtigten stimmen zu, eine Beschäftigung zulässig, wenn die Tätigkeit "leicht und für Kinder geeignet ist", ...

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