Leitsatz

  1. Die Darstellung der Anfangs- und Endbestände gemeinschaftlicher Bankkonten ist zwingender Bestandteil einer Jahresabrechnung und führt bei Fehlen zur Ungültigkeit des angefochtenen Genehmigungsbeschlusses über die gesamte Jahresabrechnung
  2. Beschlussanfechtende Eigentümer können insoweit nicht auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen und auch nicht auf Ergänzungsansprüche gegen einen nachlieferungsbereiten Verwalter verwiesen werden
  3. Beklagte sind im Anfechtungsprozess notwendige Streitgenossen; im Termin säumige Genossen werden durch die anwesenden vertreten
 

Normenkette

§ 28 WEG

 

Kommentar

  1. Zur vollständigen Abrechnung nach WEG gehört auch die Entwicklung der Gemeinschaftskonten. Aus diesem Grund müssen Kontenstände zu Beginn und zum Ende eines Wirtschaftsjahres in die Abrechnungsdarstellung aufgenommen werden (h.M.). Grund hierfür ist die einfache Überprüfung der Richtigkeit und Schlüssigkeit einer Abrechnung als Einnahmen- und Ausgaben-Überschussrechnung. Das Fehlen solcher zwingenden Bestandteile einer Abrechnung führt deshalb, unabhängig davon, ob sich der Fehler auf das Gesamtergebnis oder die Salden der einzelnen Eigentümer auswirkt, zur Ungültigkeit des gesamten Genehmigungsbeschlusses, damit der Weg für neuerliche Beschlussfassung über eine insgesamt fehlerfreie Abrechnung ermöglicht wird.
  2. Eigentümer können grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, sich die entsprechenden Kenntnisse von den Kontenständen durch Einsichtnahme in die Unterlagen unschwer verschaffen zu können. Auch etwaige Nachlieferung fehlender Angaben durch den Verwalter im Anfechtungsprozess ändert an diesem Ergebnis nichts (vgl. auch LG München I, ZMR 2010 S. 554/556 = ZWE 2010 S. 138). Gerade die Darstellung der Kontenstände soll Eigentümer rechtzeitig in den Stand versetzen, allein aufgrund der Abrechnung zu entscheiden, ob die dort mitgeteilten Daten durch Belegeinsicht einer genaueren Überprüfung zu unterziehen sind oder nicht. Würde man Eigentümer auf einen bloßen Ergänzungsanspruch (nach früher häufig vertretener Meinung) verweisen, hätte dies zur Folge, dass sie einen Mangel, der etwa durch die fehlende rechnerische Schlüssigkeit der Abrechnung aufgedeckt wird, nicht mehr rügen könnten, soweit Anfechtungs-Klagefristen für den eigentlichen Abrechnungsgenehmigungsbeschluss abgelaufen sind. Eigentümer könnten dann ggf. nicht mehr gegen eine fehlerhafte Abrechnung vorgehen. Es ist auch widersprüchlich, einen bestimmten Bestandteil der Abrechnung für zwingend zu erklären, sein Fehlen aber folgenlos für ihren Bestand zu lassen.
  3. Im Übrigen steht die alte Rechtsprechung zum Ergänzungsanspruch gegen den Verwalter in Konflikt mit der neueren Rechtsprechung des BGH, wonach ein einzelner Eigentümer grundsätzlich nur Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen verlangen kann. Einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Auskunft zur Jahresabrechnung hat er in der Regel erst, wenn nicht die Gesamtgemeinschaft in der Versammlung entsprechende Auskunft gefordert hat (BGH, NJW 2011 S. 1137). In einer Versammlung ist es allerdings in der Regel schon zu spät, um Unklarheiten der Abrechnung aufzuklären. Ein Eigentümer sollte bereits bei Abstimmung und Beschlussfassung wissen können, ob und ggf. mit welcher Begründung er diese Abrechnung erfolgreich anfechten kann.
  4. Haben einzelne Beklagte keine Sachanträge gestellt, ändert dies nichts daran, den Rechtsstreit insgesamt durch streitiges Urteil zu entscheiden. Alle beklagten Eigentümer sind nach § 46 Abs. 1 WEG notwendige Streitgenossen im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO. Säumige Streitgenossen werden insoweit im Termin durch die Nichtsäumigen vertreten (§ 62 Abs. 2 ZPO). Ein von nur einigen beklagten Eigentümern gestellter Klageabweisungsantrag wirkt damit auch gegen oder ohne den Willen der übrigen Beklagten für und gegen sie.
 

Link zur Entscheidung

AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 06.01.2012, 73 C 124/11

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