Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussanfechtung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Jahresabrechnung ist auf entsprechende Rüge hin insgesamt für ungültig zu erklären, wenn sie für einen durchschnittlichen Eigentümer ohne sachkundige Hilfe nicht vollständig und nachvollziehbar ist.

2. Das ist regelmäßig bei fehlender rechnerischer Schlüssigkeit der Fall, wenn also eine Diskrepanz zwischen tatsächlicher Kontenentwicklung und der Einnahmen- und Ausgabendarstellung anhand der Abrechnung bzw. den darin enthaltenen Erläuterungen nicht aufgeklärt werden kann.

 

Verfahrensgang

AG Augsburg (Urteil vom 12.11.2008; Aktenzeichen 30 C 385/08)

AG Augsburg (Beschluss vom 13.12.2007)

 

Tenor

I. Das Urteil des Amtsgerichts Augsburg wird in Ziffer 1 dahingehend abgeändert, dass der Beschluss vom 13.12.2007 zu TOP 3 (Genehmigung der Jahresabrechnung 2006) insgesamt für ungültig erklärt wird.

II. Das Urteil des Amtsgerichts Augsburg wird in Ziffer 3 dahingehend abgeändert, dass der Beschluss vom 13.12.2007 zu TOP 7 (Genehmigung des Wirtschaftsplans 2007) auch hinsichtlich aller Einzelwirtschaftspläne in der Position „Verwaltergebühren Garage” für ungültig erklärt wird.

III. Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Augsburg wird aufgehoben. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger samtverbindlich 35 % und die Beklagten samtverbindlich 65%.

IV. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

V. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Berufungskläger samtverbindlich 55 % und die Berufungsbeklagten samtverbindlich 45 %.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 106.723 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Kläger zu 16) – 18), 25), 26) hatte teilweise Erfolg. Der Beschluss zu TOP 3, durch den die Jahresabrechnung für 2006 genehmigt wurde, war insgesamt für ungültig zu erklären. Der Beschluss zu TOP 7, durch den der Wirtschaftsplan für 2008 genehmigt wurde, war hinsichtlich sämtlicher Einzelwirtschaftspläne bezüglich der Position „Verwaltergebühren Garage” für ungültig zu erklären.

1. Die Berufung nur einiger der Anfechtungskläger ist zulässig. Die Anfechtungskläger sind notwendige Streitgenossen (BGH NJW 2009, 2132, 2133; Spielbauer/Then, WEG, § 47 Rz. 5). Als solche können sie jeder für sich entscheiden, ob sie Rechtsmittel einlegen (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 62 Rz. 24).

2. Die Erklärung der Beklagten zu 1), sie erkenne den Klageanspruch an, stellt kein wirksames Anerkenntnis im Sinne des § 307 ZPO dar. Auch die Anfechtungsbeklagten sind notwendige Streitgenossen (Spielbauer/Then, WEG, § 48 Rz. 5). Ein Anerkenntnis wäre deshalb nur wirksam, wenn es von allen Beklagten abgegeben worden wäre (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 62 Rz. 17).

3. Die angefochtenen Beschlüsse sind nicht schon wegen eines Ladungsfehlers aufzuheben.

Gemäß § 23 II WEG müssen die Beschlussgegenstände einer Versammlung den Eigentümern vorab durch die Einladung zu der Versammlung mitgeteilt werden. § 23 II WEG will damit sicherstellen, dass die Eigentümer eine angemessene Zeit vor der Versammlung informiert werden, was sie in der Versammlung erwartet, damit sie nicht überrascht werden und sich angemessen vorbereiten können (Spielbauer/Then, WEG, § 23 Rz. 11; Kümmel, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl., § 23 Rz. 51; Drabek, in: Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 23 Rz. 29). Dazu gehört grundsätzlich auch, dass den Eigentümern vor der Versammlung ein Entwurf der zu beschließenden Jahresabrechnung übermittelt wird (Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rz. 79). Andererseits ist es aber nicht erforderlich, dass sämtliche Einzelheiten des dann zu fassenden Beschlusses bereits abschließend und endgültig in der Einladung mitgeteilt werden (Spielbauer/Then, WEG, § 23 Rz. 11; Kümmel, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl., § 23 Rz. 51; Drabek, in: Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 23 Rz. 30). Wollte man anders entscheiden, würde jede Beratung über einen Beschlussgegenstand in der Versammlung zur Makulatur, weil ein anderes als durch die Einladung festgeschriebenes Beschlussergebnis nicht beschlossen werden dürfte. Es ist aber gerade einer der Hauptzwecke der Eigentümerversammlung, über anstehende Verwaltungsentscheidungen zu beraten und möglicherweise Kompromisse zu erarbeiten.

Demnach wurde den Anforderungen des § 23 II WEG hier Genüge getan. Indem den Eigentümern zusätzlich zur Tagesordnung je ein Entwurf der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans, die beschlossen werden sollten, mit der Einladung übersandt wurden, wurde den Eigentümern ausreichend ermög...

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