Leitsatz

Die Wohnungseigentümer sind nicht berechtigt, bereits entstandene, aber noch nicht erfüllte Zahlungsverpflichtungen eines Wohnungseigentümers mit Stimmenmehrheit erneut zu beschließen und so neu zu begründen. Ein dennoch gefasster Beschluss ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.

 

Fakten:

Der Verwalter hatte in der Jahresabrechnung 2007 in der Einzelabrechnung eines Eigentümers unter der Bezeichnung "Abrechnung 2006" Rücswkstände aus 2006 aufgenommen. Der Eigentümer zahlte diese Rückstände jedoch nicht, weshalb seitens der Gemeinschaf gegen ihn ein Hausgeldverfahren eingeleitet wurde. Freilich erfolglos, da der Eigentümer zumindest auf Grundlage des Genehmigungsbeschlusses über die Jahresabrechnung 2007 hierzu nicht verpflichtet ist. Zunächst stellen Beitragsrückstände keinen zulässigen Bestandteil einer Jahresabrechnung dar. Diese ist auf die Abrechnung der Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs unter Berücksichtigung der von den Eigentümern geleisteten Vorschüsse beschränkt. Insoweit wirkt die Jahresabrechnung auch nur hinsichtlich des auf den einzelnen Eigentümer entfallenden Betrages, der die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt, anspruchsbegründend.

Eine erneute Beschlussfassung über Rückstände aus abgerechneten Wirtschaftsperioden stellt die Neubegründung einer bestehenden Schuld dar. Hierzu fehlt den Eigentümern die Kompetenz. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 28 Abs. 5 WEG, denn diese Vorschrift berechtigt nur zur Festlegung von Vorschüssen für die Zukunft und zur Abrechnung der im abgelaufenen Wirtschaftsjahr angefallenen Kosten. Wäre es anders, könnten die Eigentümer durch Aufnahme aller rückständigen Beiträge in die jeweils aktuelle Jahresabrechnung die Vorschriften über die Verjährung durch Mehrheitsbeschluss faktisch außer Kraft setzen. Das aber fällt ebenso wenig in ihre Zuständigkeit wie die Begründung einer Haftung eines Eigentümers durch Mehrheitsbeschluss.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 09.03.2012, V ZR 147/11BGH, Urteil vom 9.3.2012 – V ZR 147/11

Fazit:

Die Entscheidung hat nicht nur Bedeutung für Beitragsrückstände aus beschlossenen Jahresabrechnungen der Vorjahre, sondern auch für etwaige rückständige Beitragsforderungen aus dem dem Abrechnungsjahr zugrunde liegenden Wirtschaftsplan. Auch diese bereits beschlossenen Beitragsleistungen können nicht im Rahmen der Jahresabrechnung (neu) beschlossen werden.

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