Rz. 1027

Die vollständige Auflösung der Familienstiftung gilt als Schenkung unter Lebenden und ist als solche steuerpflichtig (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG).[1582] Eine Besonderheit der Besteuerung bei Aufhebung einer Familienstiftung ist ähnlich wie bei der Errichtung der Stiftung wiederum das Eingreifen einer Steuerklassenprivilegierung. Für die Bestimmung der Steuerklasse des Anfallsberechtigten wird nicht die Stiftung sondern der Stifter als Schenker angesehen. Entsprechend seinem Verhältnis zum Stifter kann der Anfallsberechtigte auch den persönlichen Freibetrag geltend machen. So wird sichergestellt, dass sich die anzuwendende Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Stifter und Anfallsberechtigtem richtet und nicht in jedem Fall die ungünstige Steuerklasse III einschlägig ist. Ist die Stiftung von mehreren Stiftern errichtet worden, liegen bei den Anfallsberechtigten nicht mehrere selbstständige Erwerbe vor. Bei der Berechnung der Schenkungsteuer ist für die Bestimmung der Steuerklasse auf das jeweilige Verhältnis der Anfallsberechtigten zu den Stiftern abzustellen. Der Freibetrag nach § 16 ErbStG ist entprechend der Zahl der Stifter mehrfach zu gewähren.[1583]

 

Rz. 1028

Der Rückfall des Stiftungsvermögens an den Stifter selbst ist dagegen nicht steuerfrei oder -privilegiert, sondern unterliegt der Besteuerung nach Steuerklasse III.[1584]

 

Rz. 1029

Die Fiktion, dass der Stifter als Schenker anzusehen ist, bezieht sich entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG ausschließlich auf die Bestimmung der Steuerklasse, nicht jedoch auf die Person des Zuwendenden.[1585] Schenkender bleibt also immer die Stiftung.

 

Rz. 1030

Diese Steuerpflicht des Stifters wird bei einem vorbehaltenen Rückforderungsrecht oder einer vorgegebenen Anfallsberechtigung des Stifters mangels einer freigebigen Zuwendung teilweise bestritten. Da die Rückgängigmachung der Übertragung auf die Stiftung ein den Schenkungen unter Lebenden zugeordneter Erwerbstatbestand i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG sei, greife § 29 ErbStG ein und führe deswegen zur Erstattung der Errichtungsbesteuerung.[1586]

 

Rz. 1031

Sofern die Familienstiftung zeitnah nach dem Stichtag der Erbersatzsteuer aufgelöst wird, greift die Steuerermäßigung des § 26 ErbStG. Hiernach wird die Erbersatzsteuer auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu 50 % angerechnet, sofern zwischen Stiftungsauflösung und Stichtag für die Erbersatzsteuer nicht mehr als zwei Jahre liegen. Bei einem Zeitraum von nicht mehr als vier Jahren erfolgt zumindest noch eine Anrechnung i. H. v. 25 %.

[1582] Vgl. oben Rz. 1022.
[1584] Pöllath/Richter, in Seifart/v. Campenhausen (Hrsg.), Stiftungsrechts-Handbuch, § 13, Rn. 136.
[1586] Busch/Heuer, Stiftung & Sponsoring 1/2003 (Rote Seiten), S. 7; Jülicher, StuW 1999, S. 371.

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