1 Innenverhältnis

1.1 Geschäftsführungsbefugnis innerhalb der GmbH & Co. KG

1.1.1 Gesetzliche Regelung

1.1.1.1 Zuständigkeit

 

Rz. 196

Komplementär-GmbH

Abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch werden im Recht der Personengesellschaften Geschäftsführung und Vertretung getrennt geregelt und voneinander unterschieden. Während "Vertretung" rechtsgeschäftliches Handeln gegenüber Dritten umfasst (z. B. eine Annahme eines Vertragsangebotes), betrifft "Geschäftsführung" Entscheidungskompetenzen im Innenverhältnis. Nach der gesetzlichen Regelung ist es durchaus möglich, dass ein Gesellschafter zwar geschäftsführungsbefugt, nicht aber vertretungsberechtigt ist (und umgekehrt). In der Praxis werden Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht üblicherweise nicht voneinander getrennt. Im Recht der GmbH sind dagegen Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht immer in der Person des Geschäftsführers vereint, §§ 6, 35 GmbHG.

 

Rz. 197

In einer KG obliegt die Geschäftsführung immer den persönlich haftenden Gesellschaftern, §§ 114 Abs. 1, 161 Abs. 2, 164 HGB. In einer typischen GmbH & Co. KG, in der es neben der Komplementär-GmbH keine weiteren persönlich haftenden Gesellschafter gibt, ist also ausschließlich die GmbH zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Sie übt ihre Befugnisse durch ihre Organe, das sind ihre Geschäftsführer, aus, §§ 6, 35 GmbHG.[1] Diese handeln, wenn sie Geschäfte der GmbH & Co. KG wahrnehmen, aufgrund einer zweifachen Geschäftsführungsbefugnis: Die GmbH ist befugt, die Geschäfte der KG zu führen. Die Geschäftsführer sind befugt, die Geschäfte der GmbH zu führen, zu denen auch die Geschäftsführung der KG zählt. Die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH werden daher auch als "mittelbare" Geschäftsführer der GmbH & Co. KG bezeichnet.[2]

 

Rz. 198

Gibt es neben der Komplementär-GmbH noch weitere persönlich haftende Gesellschafter, sind auch diese zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Nach §§ 115 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB ist jeder von ihnen allein zu handeln berechtigt. Nur wenn ein anderer Komplementär einer Maßnahme widerspricht, muss sie unterbleiben. Handelt es sich um eine Maßnahme von erheblicher Bedeutung, müssen die anderen Komplementäre vorher informiert und muss ihre Stellungnahme abgewartet werden.[3]

 

Rz. 199

Kommanditisten

Die Kommanditisten sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen, § 164 HGB. Sie haben kein Widerspruchsrecht gegenüber gewöhnlichen Geschäftsführungshandlungen. Für außergewöhnliche Geschäfte trifft § 164 HGB entgegen seinem missverständlichen Wortlaut keine Sonderregelung. Es bleibt bei der Regelung des § 116 Abs. 2 HGB, wonach die Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehen, eines Beschlusses sämtlicher Gesellschafter bedarf.[4]

[1] Siehe Rn. 206.
[2] Wenzel in Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, § 5 Rn. 5.7.
[3] BGH, Urteil v. 19.4.1971, II ZR 159/68, BB 1971 S. 759.
[4] RG, Urteil v. 22.10.1938, RGZ 158 S. 302 (306 f.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1c; Baumbach/Hopt, § 164 Rn. 2; siehe auch Rn. 200.

1.1.1.2 Umfang der Geschäftsführungsbefugnis

 

Rz. 200

Gemäß §§ 116 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB erstreckt sich die Befugnis zur Geschäftsführung auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt. Für Geschäfte, die darüber hinausgehen – sog. außergewöhnliche oder ungewöhnliche Geschäfte –, ist gemäß §§ 116 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB der Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Außergewöhnliche Geschäfte sind solche, die den bisher vorgegebenen Rahmen des Geschäftsbetriebs übersteigen oder außerhalb des Unternehmensgegenstandes liegen oder nach Umfang oder Risiko ungewöhnlich oder ihrer Art nach dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb fremd sind.[1] So ist der Verkauf eines Unternehmens einer KG, das ihr gesamtes Vermögen darstellt, nur mit Zustimmung der Gesellschafter wirksam.[2] Die Zustimmung der Gesellschafter zu einem außergewöhnlichen Geschäft steht nicht in ihrem freien Ermessen. Liegt das Geschäft erkennbar im Interesse der Gesellschaft, sind die Gesellschafter kraft ihrer Treuepflicht gehalten, ihre Zustimmung zu geben.[3]

[1] Baumbach/Hopt, § 116 Rn. 2.
[3] Baumbach/Hopt, § 116 Rn. 5.

1.1.2 Vertragliche Regelungen

1.1.2.1 Erweiterung der Kommanditistenrechte

 

Rz. 201

Die gesetzlichen Regeln zur Geschäftsführungsbefugnis sind weitgehend dispositives Recht. In der Praxis werden sie daher häufig durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen abgeändert bzw. konkretisiert.

 

Rz. 202

Die Stellung der Kommanditisten, die nach der gesetzlichen Ausgestaltung[1] sehr viel schwächer ist als die der Komplementärin, kann durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag aufgewertet werden. Dem einzelnen Kommanditisten kann ein Widerspruchsrecht analog § 115 Abs. 1 HGB eingeräumt werden. Bestimmte Geschäfte können von seiner Zustimmung abhängig gemacht werden. In der Regel enthält der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG einen Katalog von Geschäftsführungsmaßnahmen, die der (mehrheitlichen) Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen. So werden beispielsweise der Erwerb, die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Aufnahme von langfristigen Krediten, die ...

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