Rz. 193

Im Stiftungsgeschäft hat der Stifter der Stiftung ein bestimmtes Ausstattungsvermögen versprochen.[243] Mit der Anerkennung ist nach § 82 BGB zu unterscheiden:

 

Rz. 194

Reicht zur Übertragung eines Rechtes ein Abtretungsvertrag (also insbesondere bei Forderungen gegen Dritte), geht dieses mit der Anerkennung der Stiftung von Gesetzes wegen auf sie über (§ 82 Satz 2 BGB). Der Stifter kann dies aber im Stiftungsgeschäft anders regeln, sich insbesondere die Übertragung von Forderungen selbst vorbehalten. Das ist vor allem deshalb sinnvoll, weil sich die Dauer des Anerkennungsverfahrens schlecht vorhersehen lässt, der Zeitpunkt des Forderungsübergangs damit im Vorhinein nicht bestimmt werden kann. Dies kann zu vermeidbaren Unsicherheiten führen.

 
Praxis-Beispiel

Übergang von Gesetzes wegen

(Formulierung im Stiftungsgeschäft)

Ich statte die Stiftung mit folgendem Vermögen aus:

5. Forderung aus dem Darlehen laut Darlehensvertrag vom …. gegen Herrn Klaus Müller, …, in Höhe von 30.000 EUR. Hinsichtlich dieser Forderung wird § 82 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

 

Rz. 195

Hinsichtlich aller übrigen Vermögensgegenstände erwirbt die Stiftung einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Stifter (§ 82 Satz 1 BGB). Der Stifter muss die einzelnen Vermögensgegenstände nach den normalen Regeln (§§ 873 ff., 929 ff. BGB) auf die Stiftung übertragen.[244]

 

Rz. 196

Problematisch ist der Fall, dass der Stifter im Stiftungsgeschäft ein bestimmtes Ausstattungsvermögen verspricht, nach Stellung des Anerkennungsantrags aber nicht mehr in der Lage ist, zu leisten. Dies sollte tunlichst dadurch vermieden werden, dass die zur Ausstattung der Stiftung vorgesehenen Vermögensgegenstände schon mit Stellung des Antrags separiert werden. Im Übrigen sind drei Zeiträume zu unterscheiden:

 

Rz. 197

Ist das Stiftungsgeschäft schon abgefasst, die Anerkennung aber noch nicht beantragt, kann der Stifter das Stiftungsgeschäft nach § 81 Abs. 2 Satz 1 BGB frei widerrufen. Verfügungen über das zugesagte Stiftungsvermögen in dieser Zeit gelten als konkludenter (Teil-)Widerruf des Stiftungsgeschäfts.

 

Rz. 198

Ist die Anerkennung beantragt, die Stiftung aber noch nicht anerkannt, kann das Stiftungsgeschäft noch gegenüber der Behörde widerrufen werden (§ 81 Abs. 2 Satz 2 BGB). Verfügt der Stifter in dieser Zeit über die versprochenen Vermögensgegenstände und teilt dies der Behörde mit, dann liegt auch darin ein (Teil-) Widerruf des Stiftungsgeschäfts.[245] Wird die Verfügung indes nicht mitgeteilt, ist die Rechtsfolge umstritten. Nach früher h. M. wurde eine Haftung des Stifters vor der Anerkennung grundsätzlich abgelehnt.[246] Die Gegenmeinung sieht in der Stellung des Antrags mit beachtlichen Argumenten eine Bindung, die der bei einer aufschiebenden Bedingung entspreche, und wendet auf den Schwebezeitraum §§ 160 Abs. 1, 161 BGB entsprechend an.[247] Folgt man dieser letzteren Ansicht, kann die Stiftung nach der Erlangung der Rechtsfähigkeit vom Stifter Schadensersatz entsprechend § 160 BGB erlangen. Zwischenverfügungen des Stifters sind nach § 161 BGB unwirksam.

 

Rz. 199

Unklar ist auch, nach welchem Maßstab der Stifter nach der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig haftet. Nach früher wohl h. M. sollen hier die Regeln über die Schenkung, §§ 516 ff. BGB, analoge Anwendung finden, also insbesondere die Einrede des Notbedarfs (§ 519 BGB), die Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 521 BGB) und das Rückforderungsrecht wegen Notbedarfs (§ 528 BGB).[248] Dagegen wird eingewandt, dass es sich beim Ausstattungsversprechen für die Stiftung nicht allein um eine unentgeltliche Vermögenshingabe handelt, sondern diese zugleich konstitutive Wirkung für die Gründung der juristischen Person Stiftung hat. Richtigerweise sind diese Haftungserleichterungen daher abzulehnen.[249]

 

Rz. 200

Kommt der Stifter seiner Verpflichtung aus dem Stiftungsgeschäft nicht nach und bejaht man mit der hier vertretenen Ansicht seine Haftung, so muss nach der Anerkennung der Stiftung der Vorstand die Ansprüche gegen den Stifter notfalls gerichtlich geltend machen. Tut er dies nicht, ist die Aufsichtsbehörde berechtigt (möglicherweise sogar verpflichtet), den Vorstand durch Aufsichtsmaßnahmen (Weisung, ggf. Abberufung und Bestellung eines anderen Vorstands) zur Geltendmachung der Forderungen anzuhalten. Fehlen entsprechende landesrechtliche Vorschriften und ist der Stifter selbst der Vorstand, hat das Amtsgericht nach §§ 86, 29 BGB einen Notvorstand zu bestellen.[250]

 

Empfehlung:

Um Haftungsrisiken zu vermeiden, sollte das Stiftungsgeschäft entsprechend der Empfehlung unter Rn. 136 und 194 abgefasst werden. Soweit sich die wirtschaftliche Lage des Stifters während des Anerkennungsverfahrens so ändert, dass die Übertragung des Stiftungsvermögens auf die Stiftung fraglich erscheint, sollte unverzüglich Kontakt zur Stiftungsbehörde aufgenommen werden und ggf. das Stiftungsgeschäft vorsorglich widerrufen werden. Sobald die Stiftungsgründung wieder möglich ist, kann der Anerkennungsantrag unpro...

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