Rz. 398

§ 45 Abs. 2 GmbHG geht davon aus, dass die Zuständigkeiten der Gesellschaftsorgane dispositiv sind. Danach können der Gesellschafterversammlung weitere Zuständigkeiten zugewiesen oder ihre Kompetenzen eingeschränkt werden.

Eine Erweiterung der Zuständigkeiten ist eher theoretischer Art, weil die Gesellschafterversammlung als oberstes Organ weitgehend allzuständig ist und ohnehin alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen kann. Nur die Vertretung der Gesellschaft nach außen sowie ein Mindestmaß an Sachentscheidungsbefugnis im Innenverhältnis bleibt zwingend Sache der Geschäftsführer. Möglich ist hingegen, im Gesellschaftsvertrag neue Zuständigkeiten zu schaffen, etwa den Vorbehalt, dass die Übertragung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, oder ein Katalog zustimmungspflichtiger Geschäftsführungsmaßnahmen aufzunehmen.

 

Rz. 399

Möglich ist auch, die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung durch Gesellschaftsvertrag einzuschränken, z. B. durch die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats oder Beirats, dem es insb. übertragen werden kann, den Jahresabschluss festzustellen, über die Gewinnverwendung zu entscheiden, die Geschäftsführer zu überwachen, zu bestellen und abzuberufen.

 

Rz. 400

Auch Kompetenzverlagerungen auf einzelne Gesellschafter sind möglich. Zulässig und verbreitet ist es insb., einzelnen Gesellschaftern das Recht einzuräumen, Geschäftsführer und/oder Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen und abzuberufen.

 

Rz. 401

Eine Verlagerung von Kompetenzen auf Außenstehende, z. B. Behörden, Kreditgeber, Konzernobergesellschaft o. ä. ist umstritten. Problematisch ist insb. eine gesellschaftsvertragliche Regelung, wonach einem Außenstehenden das Recht eingeräumt wird, Geschäftsführer, Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglieder zu bestellen und abzuberufen.[1] Die Gesellschafterversammlung behält in jedem Fall die Möglichkeit, den Gesellschaftsvertrag ohne Zustimmung des Außenstehenden zu ändern und dessen Befugnisse damit wieder an sich zu ziehen.

Auch bei einer satzungsmäßigen Verlagerung von Befugnissen auf andere Organe oder Außenstehende bleibt die Gesellschafterversammlung stets in der Lage, bei Funktionsunfähigkeit des zuständigen Organs tätig zu werden und einen Geschäftsführer aus wichtigem Grund abzuberufen.[2]

 

Rz. 402

Eine Verlagerung von Befugnissen der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung ist eingeschränkt möglich: Geschäftsführern kann die Feststellung des Jahresabschlusses überlassen werden, nicht aber die Entscheidung über die Verwendung des Gewinns. Nicht zulässig wäre es auch, Geschäftsführern das Recht einzuräumen, die Geschäftsführung zu überwachen, zu bestellen und abzuberufen. Nicht auf die Geschäftsführer übertragbar ist weiterhin das Recht, über Satzungsänderungen oder eine Auflösung der Gesellschaft zu entscheiden.[3]

[1] Siehe zu diesem Themenkomplex Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 46 Rn. 97 m. w. N., der die Zulässigkeit eher verneint, und ebenso Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 6 Rn. 31 m. w. N., der es hingegen für zulässig hält, weitgehende Befugnisse auf Außenstehende zu übertragen.
[2] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 46 Rn. 94 m. w. N.
[3] Siehe dazu im Einzelnen Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 46 Rn. 93.

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