Rz. 289

Bei medizinisch assistierter Zeugung gilt grundsätzlich die gesetzliche automatische Zurechnung der Mutterschaft und Vaterschaft der Ehegatten. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, wird der Status als anerkanntes Kind kraft Gesetzes angenommen (Art. 8 G. Nr. 40/2004), wenn sie gemeinsam schriftlich gegenüber dem Arzt (Art. 6 des Gesetzes vom 19.2.2004, Nr. 40 i.V.m. D.M. vom 16.12.2004, Nr. 336) in die künstliche Befruchtung eingewilligt haben. Die Regelung gilt sowohl bei homologen als auch bei heterologen Fortpflanzungsmethoden.[321] Vor diesem Hintergrund wird in der italienischen Literatur längst von einem Vorrang der rechtlichen vor der genetischen Elternschaft gesprochen. Anders formuliert: Status-Sicherheit für das Kind sowie Verantwortungs-Übernahme durch die Eltern gelten in Italien als Leitfaden der medizinisch assistierten Zeugung.[322]

 

Rz. 290

Ein besonderer Schutz wird auch der sozialen Familie und dem Recht auf Selbstbestimmung und "Privacy" des Gameten-Spenders gewährt, indem dem Gametenspender ein juristisch relevantes Verwandtschaftsverhältnis zum Kind untersagt wird und er ihm gegenüber keine weiteren Rechte und Pflichten hat (Art. 9 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 40/2004).

 

Rz. 291

Ausgeschlossen ist das Recht der Mutter, anonym zu bleiben. Eine Anfechtung der ex lege-Anerkennung wegen Unrichtigkeit ist ausgeschlossen (Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 40/2004). Es besteht ein Anfechtungsrecht des Mannes – gleich ob verheiratet oder nicht –, wenn er nachweisen kann, dass das Kind nicht aus der medizinisch assistierten Fortpflanzung hervorgegangen ist, in die er eingewilligt hat.

 

Rz. 292

Art. 12 des Gesetzes Nr. 40/2004 verbietet die Leihmutterschaft bzw. Ersatzmutterschaft. Leih- und Ersatzmutterschaftsverträge sind demnach als nichtig anzusehen.[323] Unzulässig sind jedenfalls Verträge von Wunscheltern mit einer Ersatzmutter, in denen diese sich verpflichtet, ein genetisch nicht von ihr stammendes Kind auszutragen, und Verträge, in denen die Leihmutter ein Entgelt erhält.

Die Unwirksamkeit wird darüber hinaus aber immer dann anzunehmen sein, wenn die "austragende" Mutter sich verpflichtet, das Kind nach der Geburt den Wunscheltern zu übergeben, auch wenn teilweise ein Verstoß gegen die guten Sitten bestritten wird.

[321] So seit Corte Cost., 10.6.2014, n. 162, CG 2014, 1062. Unzulässig ist dagegen nach dem italienischen Recht die post mortem-Fortpflanzung. Siehe jedoch Cass. 15.5.2019, n. 13000, NGCC 2019, 6, 1282, wonach im Fall einer im Ausland erfolgten postmortalen Fortpflanzung das Kind den Status hat, welchen das italienische Recht für den Fall der medizinisch assistierten Zeugung vorsieht. Der Verfassungsgerichtshof hat zudem diejenige Regelung für verfassungswidrig erklärt, welche den Zugang zur medizinisch assistierten Zeugung nur den unfruchtbaren Paaren zulässt, denjenigen, die zwar fruchtbar, aber Träger genetischer Erkrankungen sind, den Zugang dazu dagegen untersagt. Siehe Corte Cost., 5.6.2015, n. 96, Cgiur. 2016, 186. Vgl. Corte Cost, 11.11.2015, n. 229, FI 2015, 12, 1, 3749, wonach auch das Verbot der entsprechenden Präimplantationsdiagnostik verfassungswidrig sei.
[322] Für die Erforderlichkeit, bei der Anfechtungsklage gem. Art. 263 c.c. (und daher auch bei der Feststellung des Status des Kindes) sowohl das favor veritatis als auch das favor minoris zu berücksichtigen: Corte Cost, 18.12.2017, n. 272, NGCC 2018, 4, 547 (vgl. Corte Cost., 10.6.2014, n. 162, CG 2014, 1062).
[323] Im Sinne, dass die Maßnahmen der italienischen Behörden für die Trennung des im Rahmen einer Leihmutterschaft geborenen Kindes und der Wunscheltern nicht gegen Art. 8 EMRK verstoßen: EGMR, 24.1.2017, n. 25358/12, GI 2018, 4, 835. Vgl. Cass., S.u. 8.5.2019, n. 12193, FD 2019, 653, welche die Möglichkeit der Eintragung einer ausländischen Urkunde ausgeschlossen hat, welche eine Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem durch eine Leihmutter geborenen Kind und einer Person, zu der keine biologische Beziehung bestand, anerkannt hat. Nach der genannten Entscheidung sei im beschriebenen Fall (nur) eine Adoption gem. Art. 44 Abs. 1 lit. d l. adoz. (siehe Rdn 306) möglich.

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