Rz. 306

Die Minderjährigenadoption in besonderen Fällen ist statthaft, wenn

beide Eltern verstorben und der Annehmende mit dem Kind bis zum sechsten Grad verwandt ist oder mit ihm bereits vor dem Tod der Eltern eine enge persönliche Beziehung hatte[335] oder
der Annehmende mit einem Elternteil des Anzunehmenden verheiratet ist (sog. Stiefkindadoption) oder
der Anzunehmende Vollwaise ist und sich in condizioni di disabilità befindet oder
festgestellt wird, dass eine affidamento preadottivo nicht möglich ist (Art. 44 lit. a–d l. adoz.).[336]
 

Rz. 307

Der oder die Annehmenden müssen physisch und finanziell in der Lage sein, den Anzunehmenden zu versorgen. Sie müssen grundsätzlich 18 Jahre älter sein als der Anzunehmende, es sei denn, es liegt eine Stiefkindadoption vor;[337] ein Höchstalter ist nicht bestimmt. In den Fällen der Art. 44 lit. a, c, d l. adoz. können auch nicht verheiratete Personen adoptieren. Ist der Annehmende jedoch verheiratet und lebt er nicht getrennt, muss der Minderjährige immer von beiden Ehegatten adoptiert werden.

 

Rz. 308

In diesem Verfahren bedarf es weder der Erteilung des Adoptionsfähigkeitszeugnisses noch der Probezeit. Der Adoption müssen sowohl der Annehmende als auch der Anzunehmende zustimmen (Art. 45 l. adoz.). Hat der Anzunehmende das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, wird die Zustimmung vom gesetzlichen Vertreter erteilt. Die Zustimmung kann bis zur Verkündung des Adoptionsbeschlusses widerrufen werden. Des Weiteren bedarf es der Zustimmung der leiblichen Eltern und des Ehegatten des Anzunehmenden (Art. 46 Abs. 1 l. adoz.), die freilich unter bestimmten, in Art. 46 Abs. 2 l. adoz. genannten Voraussetzungen ersetzt werden kann. Zuständig für den Ausspruch der Adoption ist ebenfalls das Minderjährigengericht des Gerichts, in dessen Bezirk der Minderjährige sich befindet.

 

Rz. 309

Die Minderjährigenadoption in besonderen Fällen hat nur Teilwirkungen; sie kann nach Art. 51 ff. l. adoz. in Ausnahmefällen widerrufen werden. Die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse bleiben unverändert bestehen,[338] so dass u.U. doppelte Erb- und Unterhaltsansprüche bestehen. Die elterliche Sorge wird auf den Annehmenden übertragen (bei der Stiefkindadoption steht sie beiden gemeinsam zu). Dem Namen des Anzunehmenden wird der Name des Annehmenden vorangestellt.

[335] Auch im Rahmen einer längeren Probezeit (so nach dem Gesetz vom 19.10.2015, Nr. 173).
[336] Dies ist auch dann der Fall, wenn rechtliche Hindernisse dafür bestehen. So kann etwa der Partner innerhalb einer unione civile das Kind des anderen Partners gem. Art. 44 lit. d l. adoz. annehmen. So Cass., 22.6.2016, n. 12962, GI 2016, 2573, wonach daher (trotz der Unzulässigkeit einer Volladoption) innerhalb der unione civile die sog. stepchild adoption möglich ist.
[337] Corte Cost., 2.3.1990, n. 44, NGCC 1990, 1009.
[338] Man diskutiert, ob ggf. Verwandtschaftsverhältnisse mit der Familie des Annehmenden entstehen (dies ist insb. wegen der neuen Formulierung des Art. 74 c.c. fraglich).

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