Leitsatz

Die Parteien waren Eltern zweier minderjähriger Kinder. Beide übten das Sorgerecht gemeinsam aus und lebten mit den Kindern in Finnland. Die Kindesmutter hatte ohne vorherige Zustimmung des Vaters und ohne eine zuvor hierzu eingeholte gerichtliche Entscheidung den Aufenthalt der Kinder eigenmächtig in die Bundesrepublik Deutschland verlegt. Der Vater begehrte deren Rückführung nach Finnland.

Das AG hat auf den Antrag des Vaters die Rückführung der gemeinsamen Kinder der Parteien nach Finnland angeordnet. Hiergegen wandte sich die Kindesmutter mit der Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel war ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, das AG habe zutreffend die Rückführung der gemeinsamen Kinder der Parteien angeordnet. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Rückführung der Kinder nach Finnland gemäß Art. 11 der EG-Verordnung Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 (Brüssel-IIa-VO) i.V.m. Art. 12 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) seien gegeben.

Die Kinder hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt bis zum Entschluss der Mutter, nach dem einwöchigen Urlaub nicht mehr nach Finnland zurückzukehren, in Finnland gehabt. Beide hätten das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet.

Der mitsorgeberechtigte Vater habe beim zuständigen AG - FamG - eine Entscheidung auf der Grundlage des HKÜ beantragt, um eine Rückführung der Kinder zu erwirken. Die Kindesmutter habe die Kinder widerrechtlich i.S.v. Art. 2 Nr. 11 Brüssel-IIa-VO und Art. 3 HKÜ in der Bundesrepublik Deutschland festgehalten, indem sie diese nach dem Urlaubsaufenthalt nicht nach Finnland zurückgebracht, sondern gegen den Willen des Vaters mit den Kindern ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik genommen habe. Sie habe hierdurch das Sorgerecht des Vaters verletzt.

Den Beteiligten stehe nach §§ 6 S. 1, 3 S. 1, 4 S. 2 des finnischen Gesetzes über das Sorgerecht und Umgangsrecht das Sorgerecht für die beiden Kinder gemeinsam zu. Hierzu gehöre insbesondere das Recht zur Entscheidung über den Wohnort und damit des Aufenthalts.

Der Vater habe das Mitsorgerecht im Zeitpunkt des Verbringens in die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt. Die Mutter habe nicht ohne seine Zustimmung über den Aufenthalt der Kinder und insbesondere nicht über einen Umzug in ein anderes Land entscheiden dürfen.

Die Mutter habe das Mitbestimmungsrecht des Vaters bei der Aufenthaltsbestimmung verletzt, indem sie die Kinder ohne seine Zustimmung in der Bundesrepublik Deutschland festgehalten habe, ohne zuvor in Finnland eine gerichtliche Sorgerechtsregelung bzw. Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts herbeizuführen.

Einen der Rückführung entgegenstehenden Grund gemäß Art. 13 HKÜ sah das OLG nicht. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen der Mutter sowie den Angaben der Kinder im Rahmen ihrer Anhörung durch das AG. Es sei nicht ersichtlich, dass die Rückführung mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für die Kinder verbunden sei oder die Kinder auf andere Art und Weise in eine unzumutbare Lage bringe.

Letztendlich seien die durch eine Rückführung für die Kinder verbleibenden Belastungen und Nachteile Folge des eigenmächtigen und rücksichtslosen Verhaltens der Mutter. Diese könne einen Aufenthaltswechsel der Kinder zum Vater dadurch vermeiden, dass sie mit den Kindern nach Finnland zurückkehre, wozu sie bereits mit Schreiben des Bundesamtes der Justiz aufgefordert worden sei. Die mit einer Trennung des Kindes vom entführenden Elternteil verbundenen Nachteile könnten dadurch vermieden werden, dass dieser Elternteil gemeinsam mit den Kindern zurückkehre. Aus diesem Grunde sowie wegen der Notwendigkeit einer Sorgerechtsregelung durch das international zuständige Gericht in Finnland stehe auch der Wille der Kinder, mit der Kindesmutter zukünftig weiter in Deutschland leben zu wollen, einer Rückführung nach dem HKÜ nicht entgegen.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den möglichen Folgen eines weiteren langfristigen Aufenthalts der Kinder in Finnland bedürfte es nach Auffassung des OLG für die Rückführungsentscheidung nicht. Dies sei vielmehr dem in Finnland zu führenden Sorgerechtsverfahren vorbehalten.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.03.2008, II-1 UF 18/08

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