Rz. 111

Nicht nur eine rechtsfähige Stiftung, sondern auch jede andere Körperschaft (Vereine und Kapitalgesellschaften) kann gemeinnützig sein. Nicht-rechtsfähige Vermögensmassen wie treuhänderische Stiftungen oder auch nicht-rechtsfähige Vereine können ebenfalls in den Genuss der Vergünstigungen für gemeinnützige Institutionen kommen. Bei nicht-rechtsfähigen Stiftungen ist jedoch zu beachten, dass diese wirtschaftlich selbstständig sein müssen, um als Steuersubjekt anerkannt werden zu können.[132] Ihr Stiftungsvermögen darf dem Treuhänder als zivilrechtlichem Rechtsträger nicht zugerechnet werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Vermögen der nicht-rechtsfähigen Stiftung gesondert vom Vermögen des Treuhänders verwaltet wird. Als Kriterien für eine klare Abgrenzung zwischen Stiftung und Treuhänder sieht die Finanzverwaltung die Verfolgung unterschiedlicher Zwecke oder – bei Verfolgung identischer Zwecke – die Errichtung selbstständiger Stiftungsgremien an, die unabhängig von dem Treuhänder des Stiftungsvermögens über die Verwendung der Mittel verfügen können.[133]

 

Rz. 112

Seit der Deregulierung des Aktienrechts und der damit einhergehenden Einführung einer "kleinen AG" sind auch gemeinnützige Aktiengesellschaften praktikabel geworden.[134] Ein bekanntes Beispiel ist die gemeinnützige Phineo gAG. Gegenüber einer gGmbH kann die Unternehmensstruktur einer gAG vor allem deswegen vorteilhaft sein, weil sie dem Vorstand die Möglichkeit bietet, unabhängig von den Gesellschaftern frei zu agieren.

 
Hinweis

Aktienrecht auf wirtschaftliche Tätigkeit ausgerichtet

Die Aktiengesellschaft als Non-Profit-Organisation ist kein Massenphänomen und taugt auch kaum dazu: Die Satzungsstrenge und starke Förmlichkeit des Aktienrechts sind in erster Linie auf wirtschaftliche und nicht auf gemeinwohlorientierte, stark durch freiwilliges Engagement geprägte Tätigkeiten ausgerichtet. Nichtsdestotrotz zeigen Praxisbeispiele, dass unterschiedlichste Gründe im Einzelfall die Wahl der Aktiengesellschaft als Vehikel für die Verwirklichung gemeinnütziger Zweck rechtfertigen können.

 

Rz. 113

Seit dem 1.11.2008 ist auch die Gründung einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft möglich (§ 5a GmbHG). Bei der Unternehmergesellschaft handelt es sich nicht um eine neue Rechtsform, sondern um eine GmbH, für die erleichterte gesellschaftsrechtliche Vorgaben gelten. Insbesondere reicht zur Gründung ein Stammkapital von 1 EUR aus, jedoch muss die Gesellschaft ein Viertel ihres Jahresüberschusses in eine gesetzliche Rücklage einstellen, bis die Schwelle des § 5 Abs. 1 GmbHG von 25.000 EUR für die Gründung einer GmbH erreicht und das Stammkapital entsprechend angehoben ist (vgl. § 5a Abs. 1, 3, 5 GmbHG). Auch die Unternehmergesellschaft ist eine Körperschaft i. S. d. § 51 AO, die als gemeinnützig anerkannt werden kann.[135] Für den finanziell vielfach nicht gut ausgestatteten "dritten Sektor" hat die Rechtsformvariante der gemeinnützigen Unternehmergesellschaft (gUG) deshalb besonderen Reiz, weil zu ihrer Gründung anders als für die Gründung einer gGmbH nicht vorab ein Stammkapital von 25.000 EUR aufgebracht werden muss.[136]

 

Rz. 114

Problematisch für den Einsatz der Unternehmergesellschaft im Gemeinnützigkeitsbereich ist nach dem Gesetzeswortlaut der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, 3 AO).[137] Insofern hat jedoch die Finanzverwaltung schon Anfang 2009 festgestellt, dass die gesetzlich vorgeschriebene Rücklagenbildung bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25.000 EUR nicht gegen den Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung verstießen. Ebenso wie das Stammkapital einer Kapitalgesellschaft nicht der zeitnahen Mittelverwendungspflicht unterliege, könne der Grundsatz auch nicht für die Mittel gelten, die von Gesetzes wegen in die zur Erhöhung des Stammkapitals gedachte Rücklage nach § 5a Abs. 3 GmbHG eingestellt werden müssten und insoweit bereits anderweitig gesetzlich gebunden seien.[138]

 

Rz. 115

Personengesellschaften des Handelsrechts (z. B. eine offene Handelsgesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft) und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts können dagegen die Steuervergünstigung wegen Gemeinnützigkeit nicht in Anspruch nehmen.[139] Dieser Umstand kann bei der Errichtung einer Stiftung durch mehrere Personen relevant werden, denn meist haben solche Initiativen (wie z. B. bei der Gründung von Bürgerstiftungen) den Charakter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gem. §§ 705 ff. BGB, deren Zweck in der Stiftungserrichtung liegt. Ziel einer Bürgerstiftung ist es, einer größeren Zahl von Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, ihre spezifischen Beiträge zum Gemeinwohl unter einem gemeinsamen Dach zu verfolgen.[140] Die GbR kann selbst nicht gemeinnützig sein, weil sie keine Körperschaft im Sinne des § 51 Satz 2 AO i. V. m. § 1 KStG darstellt. Auch Kooperationen von mehreren gemeinnützigen Stiftungen in der Rechtsform der GbR können als solche nicht steuerbefreit sein.[141]

 

Rz. 116

Die Mitglieder der Gründungsin...

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