Rz. 61

Haftung der Vor-GmbH

Die Vor-GmbH haftet als Komplementärin der KG für deren Verbindlichkeiten nach § 161 Abs. 2 i. V. m. § 128 HGB unbeschränkt persönlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen einschließlich offener Einlageforderungen.[1]

 

Rz. 62

Haftung der Gründer

Der BGH geht in seinem Urteil vom 27.1.1997[2] unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung[3] nun von einer einheitlichen Gründerhaftung aus, die sich aus einer Verlustdeckungs- und einer Vorbelastungshaftung zusammensetzt. Die Gründer haften den Gläubigern der Vor-GmbH – unabhängig davon, ob die Vor-GmbH in das Handelsregister eingetragen oder vorher liquidiert wird – mittelbar und unbeschränkt in Form einer Innenhaftung. Da die Vor-GmbH als Komplementärin für Verbindlichkeiten der KG gemäß § 161 Abs. 2 i. V. m. § 128 HGB haftet, haften ihre Gründer auch für KG-Verbindlichkeiten in diesem Rahmen.

 

Rz. 63

Bis zu dieser Rechtsprechungsänderung hafteten die Gründer für Verbindlichkeiten in der Vor-GmbH, die nicht in das Handelsregister eingetragen, sondern liquidiert wird, grundsätzlich nur bis zur Höhe ihrer Einlageverpflichtung.[4] Diese Haftung stand im Wertungswiderspruch zur Haftung der Gründer nach Eintragung der Vor-GmbH im Handelsregister; denn nach Eintragung trifft die Gründer die sog. Unterbilanzhaftung (Vorbelastungshaftung, Differenzhaftung) gegenüber der GmbH.[5] Diese Haftung ist an die Stelle des Vorbelastungsverbots (siehe Rn. 53 ff.) getreten und soll die Gefahr der Unterdeckung des Kapitals zum Zeitpunkt der Entstehung der GmbH ausgleichen.

 

Rz. 64

Hat die Vor-GmbH also schon vor ihrer Eintragung von ihren Handlungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht mit der Folge einer Unterdeckung ihres Kapitals (sog. Unterbilanz), entsteht zum Zeitpunkt der Eintragung ein Anspruch der GmbH gegenüber ihren Gründern auf Ausgleich dieser Differenz. Eine Unterdeckung liegt immer dann vor, wenn das GmbH-Vermögen wegen schon vorhandener Verbindlichkeiten nicht mehr das Stammkapital erreicht (Bilanzielles Eigenkapital ≥ 0).

 

Rz. 65

Bei der Berechnung des Fehlbetrags bleiben Gründungskosten – z. B. Beratungs- und Beurkundungskosten – unberücksichtigt.[6] Der Fehlbetrag kann die Höhe des Stammkapitals übersteigen, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Eintragung überschuldet ist (Bilanzielles Eigenkapital < 0). Die Gesellschafterhaftung ist dann nicht auf die Höhe des Stammkapitals und die der einzelnen Stammeinlagen beschränkt, sondern geht auf den vollen Verlustausgleich.

Das vor der Rechtsprechungsänderung bestehende Ungleichgewicht zwischen einer beschränkten Haftung vor Eintragung und einer unbeschränkten Haftung nach Eintragung bot den Anreiz, die Eintragung im Fall von Verlusten nicht weiter zu verfolgen und die Vor-GmbH zu liquidieren. Dieser Wertungswiderspruch ist durch das oben genannte Urteil des BGH vom 27.1.1997 aufgehoben worden. Die Gründer einer GmbH, die nicht in das Handelsregister eingetragen werden, haften nunmehr ebenfalls unbeschränkt für die Verluste der Vor-GmbH, die nicht mehr durch das Gesellschaftsvermögen gedeckt sind (Verlustdeckungshaftung).

 

Rz. 66

Mehrere Gründer haften im Verhältnis der Nennbeträge ihrer Geschäftsanteile zueinander pro rata (quotarische Haftung), wobei § 24 GmbHG Anwendung findet.

Es handelt sich um eine Innenhaftung, da die Haftung der Gründer gegenüber der Gesellschaft besteht. Die Gläubiger der Vor-GmbH müssen aus einem gegen die Vor-GmbH erwirkten Titel den gegen die Gründer gerichteten Verlustdeckungsanspruch pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen und sodann den gepfändeten Anspruch gegenüber den Gründern gegebenenfalls im Klageweg geltend machen.[7]

War die Eintragung der GmbH allerdings von vornherein nicht durch die Gründer beabsichtigt oder wird die Geschäftstätigkeit nach dem Scheitern der Gründung nicht sofort beendet, spricht man von einer sog. unechten Vor-GmbH, für die die Haftungsregeln der §§ 128 ff. HGB analog herangezogen werden.[8]

 

Rz. 67

Haftung der Geschäftsführer

Nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages[9] und vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister haften die Geschäftsführer gegenüber Dritten persönlich und unmittelbar gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG. Sinn des § 11 Abs. 2 GmbHG ist, den Gläubigern der Vor-GmbH einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Haftungsfonds der Vor-GmbH noch nicht gerichtlich kontrolliert ist und die Kapitalsicherungsvorschriften nicht voll eingreifen.[10] Dieses Bedürfnis nach Sicherung der Gläubiger entfällt, wenn die GmbH in das Handelsregister eingetragen wird und dadurch Schuldner aus den von den Geschäftsführern getätigten Geschäften wird. Daher erlischt die Handelndenhaftung der Geschäftsführer gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG in der Regel mit der Eintragung der GmbH.[11] Sie besteht nur ausnahmsweise dann fort, wenn und soweit die GmbH aus dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft nicht verpflichtet wird. Das ist der Fall, wenn die Geschäftsführer ohne Ermächtigung der Gründer Rechtsgeschäfte über den Gründungszweck hinaus tätigen, also als Vertreter...

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