Rz. 51

In der Zeit zwischen wirksamem Abschluss des Gesellschaftsvertrages und der Entstehung der GmbH durch Eintragung in das Handelsregister spricht man von der Vor-GmbH, Vor-Gesellschaft oder GmbH in Gründung ("i. G."). Vor dem förmlichen Abschluss des GmbH-Vertrages gemäß § 2 Abs. 1 GmbHG bezeichnet man die Gesellschaft als Vorgründungsgesellschaft.[1] Das Recht der werdenden GmbH ist nur fragmentarisch in § 11 GmbHG geregelt. Über die Rechtsnatur der Vor-GmbH herrscht insoweit Einigkeit, als sie als Vorstufe und notwendiges Durchgangsstadium auf dem Weg zur GmbH begriffen wird. Mit Erlangung der Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Handelsregister wandelt sich die Vor-GmbH ipso jure und mit allen ihren Aktiva und Passiva in die GmbH um und ist mit dieser identisch.[2] Die Vor-Gesellschaft ist daher ein Gebilde eigener Art, eine Organisationsform, die keiner anderen Vereinigungsform des bürgerlichen Rechts oder des Handelsrechts zugeordnet werden kann.[3] Sie unterliegt dem Recht der GmbH, soweit dies nicht die Eintragung der GmbH im Handelsregister voraussetzt.[4]

 

Rz. 52

Die Vor-GmbH ist heute als Trägerin von Rechten und Pflichten anerkannt.[5] Das gilt für das gesamte materielle und formelle Recht. Sie kann also z. B. Eigentümerin von beweglichen und unbeweglichen Sachen, Schuldnerin und Gläubigerin sein. Auch werden ihr u. a. Grundbuchfähigkeit,[6] Parteifähigkeit[7] und Insolvenzfähigkeit[8] zugesprochen.

 

Rz. 53

Von der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch schon eine Vor-GmbH Komplementärin einer GmbH & Co. KG sein kann.[9] Diese Entwicklung der Rechtsprechung war erst möglich, nachdem das sog. Vorbelastungsverbot aufgegeben wurde. Es besagte, dass nur solche Verbindlichkeiten von der Vor-GmbH auf die GmbH übergehen, die gesetzlich, satzungsmäßig oder sonst gründungsnotwendig sind.[10] Dadurch sollte erreicht werden, dass die GmbH im Zeitpunkt der Eintragung mit unversehrtem Stammkapital ohne Vorbelastung aus der Gründungsphase zur Entstehung kommt.

 

Rz. 54

Nahm die Vor-GmbH andere Rechtsgeschäfte vor, wurde die GmbH daraus nur dann verpflichtet, wenn sie diese nach der Eintragung genehmigte. Ob die Gläubiger der Vor-GmbH Zugriff auf das Vermögen der eingetragenen GmbH nehmen konnten, stand also im Belieben der Geschäftsleitung der GmbH. Unter diesen Umständen – solange also die Vor-GmbH ihre Haftung nicht voll an die eingetragene GmbH weitergab – war sie als persönlich haftende Gesellschafterin einer KG nicht tauglich.[11]

 

Rz. 55

Im Übrigen erwies sich das Vorbelastungsverbot für die Zwecke der Kapitalsicherung als ungeeignet. Denn üblicherweise wurden die Rechtsgeschäfte der Vor-GmbH von den Geschäftsführern nach der Eintragung im Hinblick auf deren eigene Haftung gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG (siehe Rn. 67) genehmigt.[12]

 

Rz. 56

Dieses Vorbelastungsverbot ist mit dem Urteil des BGH vom 9.3.1981 aufgegeben worden. Nach dieser Rechtsprechung gehen jetzt alle Rechte und Pflichten der Vor-GmbH mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister auf diese im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über.[13] An die Stelle des Vorbelastungsverbots ist die der Unversehrtheit des Stammkapitals der Gesellschaft dienende Differenz- oder Unterbilanzhaftung der Gründer gegenüber der GmbH getreten.[14]

 

Rz. 57

Aus der Komplementärfähigkeit der Vor-GmbH folgt, dass auch ihre Eintragung als persönlich haftende Gesellschafterin im Handelsregister zulässig sein muss.[15] Die Vor-GmbH trägt die Firma der GmbH, die üblicherweise mit dem Zusatz "in Gründung" oder abgekürzt "i. G." versehen wird.[16]

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