Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs. Sozialplanabfindung. Aufhebungsvertrag. Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist. Wegfall der tarifvertraglichen ordentlichen Unkündbarkeit durch tarifvertragliche Vereinbarung einer Tariföffnungsklausel

 

Orientierungssatz

Auch wenn das Arbeitsverhältnis eines nach Tarifvertrag ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers durch Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und Zahlung einer Sozialplanabfindung beendet wurde, ist § 117 Abs 2 AFG nicht anzuwenden, wenn das Außerkrafttreten der Regelung zur ordentlichen Unkündbarkeit auf einer Vereinbarung der Tarifvertragsparteien beruht und nicht lediglich nach Sozialplan an die Zahlung einer Abfindung gebunden ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.02.2006; Aktenzeichen B 7a/7 AL 48/04 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichtes Kassel vom 3. Juli 2001 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 8. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1999 sowie des Teilanerkenntnisses vom 12. Februar 2001 wird in vollem Umfang aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 4. Februar 1999 in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen Zahlung einer Abfindung gemäß § 117 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) noch für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 4. Februar 1999.

Die ... 1940 geborene Klägerin war ab Oktober 1979 bei der A H GmbH im Werk K als Montiererin beschäftigt. Durch Aufhebungsvertrag vom 12. März 1998 wurde das Arbeitsverhältnis beendet zum 30. September 1998. Der Name der Klägerin befand sich als Nr. 114 auf einer sog. Freisetzungsliste, die dem Betriebsrat übergeben worden war und als Anlage 1b Bestandteil des Vereinbarungspakets aus Betriebsvereinbarung, Interessenausgleich und Sozialplan geworden ist. Nach Auskunft der A vom 15. Dezember 2000 sei denjenigen, die weder den Aufhebungsvertrag unterschrieben, noch ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer Auffang- und Qualifizierungsgesellschaft abgeschlossen hätten, betriebsbedingt gekündigt worden. Unabhängig von der Form des Ausscheidens hätten alle MitarbeiterInnen, die auf der Freisetzungsliste gestanden hätten, eine Abfindung aufgrund des Sozialplanes erhalten.

Die Klägerin erhielt eine Abfindung in Höhe von DM 42.000,-.

Am 17. September 1998 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 1998 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit bei der Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 1998 bis zum 23. Dezember 1998 fest. Widerspruch und Klage hiergegen führten in dem Verfahren S 5 AL 1212/99 (Sozialgericht Kassel) zu einer Aufhebung des Bescheides durch Anerkenntnis der Beklagten.

Mit weiterem Bescheid vom 17. Dezember 1998 stellte die Beklagte ein weiteres Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 117a AFG für die Zeit vom 24. Dezember 1998 bis zum 25. Februar 1999 fest.

Mit Bescheid vom 8. März 1999 stellte die Beklagte fest, dass der Leistungsanspruch der Klägerin wegen der gezahlten Abfindung in Höhe von DM 42.000,- gemäß § 117 Abs. 2 und 3 AFG für die Zeit bis zum 4. Februar 1999 ruhe. Durch den gleichzeitigen Eintritt einer Sperrzeit sei die Abfindung zusätzlich noch nach § 117 a AFG zu berücksichtigen. Dadurch errechne sich ein weiteres Ruhen für die Zeit vom 5. Februar bis zum 5. März 1999. Nach § 110 Abs. 1 Nr. 1a AFG mindere sich die Dauer des Leistungsanspruchs um 29 Tage. Den Bescheid vom 17. Dezember 1998 über das Ruhen vom 24. Dezember 1998 bis zum 25. Februar 1999 hob die Beklagte wieder auf, ebenso das damit zusammen hängende weitere Ruhen vom 5. Februar bis zum 5. März 1999.

Gegen den Bescheid vom 8. März 1999 hat die Klägerin am 12. März 1999 Widerspruch eingelegt und u.a. darauf verwiesen, dass § 21 Ziff. 5 des Gemeinsamen Manteltarifvertrages (GMTV) der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Hessen für unwirksam erklärt worden sei, um Ruhenszeiträume zu verhindern. Des Weiteren habe ein Sozialplan vorgelegen, so dass ein Ausscheiden unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist möglich gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung (begrenzt auf die noch streitbefangene Zeit) führte sie aus: Gemäß § 242 Abs. 4 AFG in der bis zum 31.12.97 geltenden Fassung i.V.m. § 427 Abs. 6 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB 3) seien die Vorschriften der §§ 117, 117a AFG im vorliegenden Fall weiterhin anzuwenden, da die Klägerin in der Rahmenfrist (§ 124 SGB 3) vom 1.10.1995 bis zum 30.9.1998 mehr als 360 Kalendertage vor dem 1. April 1997 beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei. Der Klägerin habe nach § 21 Ziff. 5 des maßgeblichen Manteltarifvertrages nur aus...

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