Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.04.1995; Aktenzeichen S-27/5/Ka-1502/94)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. April 1995 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, eine Prüfung nach der Zytologie-Vereinbarung, gültig ab 1. Juli 1992, erfolgreich zu bestehen, um auch über den 31. Dezember 1996 hinaus zur Abrechnung von zytologischen Untersuchungen zur Diagnose von Karzinomen des weiblichen Genitale (Zyto-Diagnostik) berechtigt zu sein.

Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Er ist zur vertragsärztlichen Behandlung mit seiner Praxis in Limburg zugelassen. Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 5. Juni 1978 die Genehmigung zur Durchführung von zytologischen Untersuchungen im Rahmen der Früherkennung des Zervix-Karzinoms beschränkt auf eigene Patientinnen. Dem lag eine Bescheinigung des Klinikums der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität vom 20. März 1978 bzw. vom 18. April 1978 zugrunde.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 19. Januar 1994 fest, dass der Kläger verpflichtet sei, nach der seit 1. Juli 1992 gültigen Zytologie-Vereinbarung bis zum 31. Dezember 1996 erfolgreich eine präparatebezogene Prüfung abzulegen, wenn seine Abrechnungsgenehmigung über diesen Zeitpunkt hinaus verlängert werden solle.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die ursprüngliche Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen der Zyto-Diagnostik sei mit keinerlei Auflagen, zeitlicher oder inhaltlicher Beschränkung erteilt worden. Seine Ausbildung habe er in einer anerkannten, selbständigen Abteilung der Klinischen Zytologie des Zentrums für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Frankfurt am Main absolviert. Der Leiter dieser Abteilung, …, sei seinerzeit ein führendes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Zytologie (DGZ) und ein Wissenschaftler und Hochschullehrer von hohem Rang gewesen. Eine nachträgliche Nichtanerkennung dieser Qualifikation komme einer Diskreditierung dieser Abteilung und dessen Leiters gleich. Seit 1975 bzw. 1978 habe er in eigener Praxis zytologische Befundungen durchgeführt. Bis September 1996 werde er weit über 80.000 Befunde durchgeführt haben. Die Notwendigkeit einer Prüfung zum Nachweis der Qualifikation für die ihm noch verbleibenden acht Praxisjahre mit voraussichtlich ca. 20.000 Untersuchungen, sei ihm nicht nachvollziehbar. Er berufe sich auf Bestandsschutz. Im angefochtenen Bescheid fehlten auch die Angaben der Gründe und der rechtlichen Grundlage für die Neuregelung.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 1994 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Gegen den am 20. April 1994 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 5. Mai 1994 Klage erhoben. Ergänzend hat er ausgeführt, § 135 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – 5. Buch (SGB V) entspreche als Ermächtigungsgrundlage nicht dem Bestimmtheitsgebot. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, die zu fordernden Qualifikationsvoraussetzungen in den Grundzügen durch förmliches Gesetz festzulegen. Der Gesetzgeber könne nicht die Festlegung einem Selbstverwaltungsorgan überlassen. Schließlich werde mit diesen Qualifikationsvoraussetzungen in das Recht der Berufsausübung eingegriffen. Der Gesetzgeber habe in § 135 Abs. 2 SGB V weder die ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden noch die Qualifikationserfordernisse aufgestellt oder deren Form und Umfang bestimmt. Die Einführung einer Prüfung für Altrechtsinhaber sei rechtswidrig. Sie diene nicht der Volksgesundheit. Die bisherige Richtlinie habe sich auf die Apparate erstreckt oder die Nachholung fehlender Sachkenntnisse zum Inhalt gehabt. Eine Neuerteilung einer Genehmigung habe es bisher nicht gegeben. Er habe jahrelang Untersuchungen unbeanstandet durchgeführt. Die Untersuchungsmethoden seien unverändert geblieben. Als begünstigender Verwaltungsakt sei die Genehmigung nur nach § 47 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) aufhebbar. Die Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Jedoch liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein Zertifikat aufgrund einer Weiterbildung aus dem Jahre 1978 nicht anerkannt werde. Eine Prüfung anhand von 20 Musterpräparaten sei auch wenig sinnvoll, da es eindeutige Fälle nicht gäbe. Des weiteren hat der Kläger auf das Ergebnis des Rechtsgutachtens von Dr. Rieger verwiesen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei aufgrund der Zytologie-Vereinbarung vom 1. Juli 1992 tätig geworden. Diese sei als Bestandteil des Bundesmantelvertrages gemäß § 82 Abs. 1 SGB V Bestandteil der Gesamtverträge und daher nach § 81 SGB V in Verbindung mit § 5 Abs. 1 ihrer Satzung vom 3. März 1990 für sie und ihre Mitglieder verbindlich. Eine Verwerfungskompetenz weg...

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