Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosenhilfeanspruches. Sperrzeit. Rechtsfolgenbelehrung. Probearbeit. besondere Härte

 

Orientierungssatz

1. Zu der Belehrung über die Rechtsfolgen iS von § 119 Abs 1 S 1 Nr 2 AFG gehört nicht eine Belehrung darüber, daß sich der Arbeitslose auf Verlangen des Arbeitgebers schon vor Abschluß eines Arbeitsvertrages einer Probearbeit unterziehen muß.

2. Vom Arbeitslosen kann das Anfertigen einer Probearbeit erwartet werden, wenn dies branchenüblich ist (hier Zahntechnikbereich).

3. Der Irrtum des Arbeitslosen über das Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die Annahme einer besonderen Härte rechtfertigen, wenn der Irrtum entschuldbar ist.

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.03.1994; Aktenzeichen S-1/Ar-2938/93)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. März 1994 abgeändert.

Der Bescheid vom 3. August 1993 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26. Oktober 1993 wird aufgehoben, soweit die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe über den 22. Juli 1993 hinaus aufgehoben hat.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach wiederholtem Eintritt einer Sperrzeit aufgehoben hat und die Erstattung überzahlter Leistung geltend macht.

Der 1947 geborene Kläger ist von Beruf Zahntechniker. Als solcher war er vom 21. Juli 1980 bis zum 31. Dezember 1986 und vom 1. April 1988 bis zum 30. September 1989 beschäftigt. Anschließend war er arbeitslos. Im Anschluß an den Bezug von Arbeitslosengeld bezog er von der Beklagten seit dem 28. Februar 1991 Arbeitslosenhilfe.

Mit Bescheid vom 11. Mai 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 1992 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von acht Wochen, beginnend am 5. Mai 1992 und endend am 29. Juni 1992, fest. Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (rechtskräftiges Urteil des Senats vom 29. Juli 1994 – L-10/Ar-90/94).

Mit Schreiben vom 17. Juni 1993 unterbreitete die Beklagte dem Kläger per Post ein Arbeitsangebot. Zu besetzen sei eine Arbeitsstelle als Zahntechniker bei der Firma F. Zahntechnik GmbH in M.; auf der Rückseite dieses Schreibens befindet sich eine vorgedruckte Rechtsfolgenbelehrung, auf die die Beklagte ausdrücklich hinwies.

Am 24. Juni 1993 stellte sich der Kläger bei dem vorgeschlagenen Arbeitgeber vor. Dieser verlangte von ihm zur Beurteilung der Qualifikation des Klägers die Anfertigung einer Probearbeit, wozu der Kläger jedoch ohne vorherige Vereinbarung eines Probearbeitsverhältnisses nicht bereit war. Daraufhin kam es nicht zu weiteren Verhandlungen über eine Einstellung des Klägers. Während dieser das Arbeitsangebot als ungenügend und nicht ausreichend konkretisiert bezeichnete, erklärte die Firma F., der Kläger habe es großartig verstanden, ein sehr negatives Erscheinungsbild zu erzeugen. Die Probearbeit habe er mit der Begründung abgelehnt, hierfür sei die Probezeit da und außerdem sei er in allen anfallenden zahntechnischen Arbeiten perfekt. Zur Frage der Probearbeit hielt der zuständige Arbeitsvermittler am 13. Juli 1993 fest, daß die Anfertigung einer solchen vor der Einstellung bei Zahntechnikern grundsätzlich üblich sei.

Mit Bescheid vom 3. August 1993 und – auf den hiergegen vom Kläger am 12. August 1993 eingelegten Widerspruch – Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 1993 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 25. Juni 1993 auf. Wegen der Nichtannahme der angebotenen Arbeit seien die Voraussetzungen für den Eintritt einer dem Normalmaß entsprechenden Sperrzeit erfüllt. Da der Kläger schon einmal Anlaß für den Eintritt einer dem Normalmaß entsprechenden Sperrzeit gegeben und hierüber einen Bescheid erhalten habe, sei nach § 119 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sein Leistungsanspruch erloschen. Darüber hinaus forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung der bis zum 10. Juli 1993 gezahlten Leistungen in Höhe von 827,40 DM auf, die er zu Unrecht bezogen habe. Auf die am 18. November 1993 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main nach Einholung einer schriftlichen Auskunft der Zahntechniker-Innung Rhein-Main vom 23. Februar 1994 den angefochtenen Bescheid vom 3. August 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 1993 aufgehoben, soweit er die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und eine diesbezügliche Erstattung betreffe (Urteil vom 8. März 1994). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe entgegen der Auffassung der Beklagten nicht wegen des Eintritts einer zweiten Sperrzeit erloschen sei. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsangebot vom 17. Juni 1993 fehle es nämlich an einer ausreich...

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